Debatte um Paragraph 218
Evangelische Kirche ändert ihre Position
In der Debatte um eine gesetzliche Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs plädiert die evangelische Kirche für eine teilweise Streichung strafrechtlicher Vorschriften. Regulierungen des Schwangerschaftsabbruchs könnten nach einem Positionspapier der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) für bestimmte Konstellationen auch außerhalb des Strafrechts formuliert werden.
Dem Rat der EKD gehe es «um den größtmöglichen effektiven Schutz des Lebens nicht gegen die Rechte der Frau, sondern durch deren Stärkung», erklärte die EKD-Ratsvorsitzende Annette Kurschus. Bislang war die EKD für die geltende rechtliche Regelung eingetreten, die von Kritikern vermehrt als Eingriff in das Selbstbestimmungsrecht von Frauen angesehen wird.
Der Rat der EKD betont, dass er eine «vollständige Entkriminalisierung» des Schwangerschaftsabbruchs wegen der Verpflichtungen des Staates für den Schutz des Lebens für «nicht vertretbar» halte. Zudem plädiert er weiter für eine verpflichtende Beratung der Schwangeren vor einer Abtreibung. Vor allem Frauen, die wegen ökonomischer oder sozialer Zwänge nicht vollständig autonom entscheiden können, könnten sonst von einem bloßen Rechtsanspruch auf Beratung unter Umständen keinen Gebrauch machen, so die Befürchtung.
Widerspruch aus den eigenen Reihen
Der CDU-Bundestagsabgeordnete Thomas Rachel sieht die Stellungnahme kritisch. Er bezeichnete das Papier als «Paradigmenwechsel», der ihm «große Sorge» bereite, sagte er der «FAZ». Deutschland habe mit dem bisherigen Strafrechtsparagrafen 218 eine «kluge, ausbalancierte Regelung», so Rachel, der selbst Mitglied des EKD-Rates ist. Die bewährte «doppelte Anwaltschaft» für das Selbstbestimmungsrecht der Frau und das Lebensrecht des Ungeborenen dürfe nicht durch eine teilweise Streichung aus dem Strafrecht «ohne Not beseitigt werden». Zugleich sprach er sich auch für die Beibehaltung der Beratungspflicht aus.
Rachel, der auch Vorsitzender des Evangelischen Arbeitskreises der Unionsparteien (EAK) ist, befürchtet eine gesellschaftliche Spaltung wie in den USA, falls die Ampelkoalition die bisherige Regel liberalisiere.
Der Rat der EKD spricht sich für eine «abgestufte Fristenkonzeption» aus und nennt zwei Zeiträume als Orientierung: Spätestens ab der 22. Schwangerschaftswoche «sollte ein Schwangerschaftsabbruch strafrechtlich geregelt und nur in klar definierten Ausnahmefällen zulässig sein». Hinsichtlich möglicher anderer oder weiterer Fristen müsse ausgelotet werden, wie viel Zeit der Schwangeren minimal eingeräumt werden sollte, um eine verantwortliche Entscheidung zu treffen. Das könnten die ersten zwölf Wochen nach Empfängnis sein.
(epd/idea)
Autor:Online-Redaktion |
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