65 Jahre Militärseelsorge
Freiräume für Soldaten
Militärgeistliche begleiten heute Soldatinnen und Soldaten weltweit in Auslandseinsätze. Seit 65 Jahren ist die evangelische Militärseelsorge Ansprechpartner bei Fragen nach Lebensberatung und Werteorientierung.
Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) hat die evangelische Militärseelsorge bei einem Festakt zu deren 65. Jubiläum in Potsdam gewürdigt. Diese gebe seit Jahrzehnten Lebensberatung und Werteorientierung, sagte die Ministerin . Sie habe Freiräume für das Nachdenken, für Widerspruch und das offene Wort geschaffen. Damit sei sie auch Teil des Neuanfangs nach der Schoah.
Im Militärseelsorgevertrag sei es gerade nicht um eine Segnung der deutschen Streitmacht gegangen, sagte Lambrecht. Diese Verkehrung des eigentlichen Ziels sei aus der Nazi-Zeit als «abschreckendes Beispiel» bekannt gewesen.
Lambrecht erinnerte an den anfänglichen Widerstand der ostdeutschen Landeskirchen nach der Wiedervereinigung gegen den Militärseelsorgevertrag. Erst 2004 sei es gelungen, die seelsorgerliche Betreuung bundesweit sicherzustellen, sagte sie unter Hinweis auf Erfahrungen der Soldaten in der Nationalen Volksarmee (NVA) der DDR. An dem Festakt nahm neben Bundestagsabgeordneten und brandenburgischen Landtagsabgeordneten auch der ehemalige EKD-Ratsvorsitzende und Berliner Altbischof Wolfgang Huber teil.
Die Präses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Anna-Nicole Heinrich, bezeichnete die Militärseelsorge als «Safe Space», als sicheren Ort. Mit Blick auf den Krieg in der Ukraine sagte Heinrich, dem Land müsse das Recht auf Selbstverteidigung zugestanden werden. Wenn die Ukraine dafür Waffen benötige, müsse sie diese erhalten.
«Einem Volk, das durch einen Angriffskrieg unter die Räder kommt, gilt es zu helfen», sagte auch der evangelische Militärbischof Bernhard Felmberg bei einem Festgottesdienst der Militärseelsorge in der Potsdamer Nikolaikirche. Die Betroffenen müssten mit dem Notwendigen unterstützt und in ihrem Widerstand gestärkt werden, erklärte er. Darüber hinaus gelte es, «dem Rad des Aggressors in die Speichen zu greifen, damit das mörderische Rad seiner Kriegsmaschinerie endlich stillsteht».
Felmberg forderte die EKD dazu auf, sich von Idealvorstellungen in der Friedensethik zu verabschieden. «Manche idealistischen Vorstellungen müssen sich an der Realität dessen, was jetzt als Aggressionskrieg geschieht, messen lassen», sagte er. Wenn der Eindruck entstehe, jeder Krieg könne allein mit zivilen Mitteln gelöst werden, «ist das zu ideal gedacht».
Ein Land, das von einem Aggressor überfallen werde, habe das Recht, sich zu verteidigen, betonte er. Völkerrechtlich sei dabei Hilfe geboten. Diskussionen um dieses Thema seien in den vergangenen Jahren vernachlässigt worden, weil davon ausgegangen worden sei, dass in Europa Frieden herrsche.
Mit Fakten und Argumenten ist es laut dem Militärbischof gelungen, anfänglich verbreitete Ängste bei Familien von Bundeswehrangehörigen vor einem Übergreifen des Kriegsgeschehens auf Deutschland zu beruhigen. Gleichwohl seien seit Kriegsbeginn am 24. Februar Anfragen von Kriegsdienstverweigerern gestiegen.
(epd)
Autor:Online-Redaktion |
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