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Kirchen
Mitgliederschwund wird sich künftig auf Kirchenfinanzen auswirken

Foto:  epd-grafik/Oliver Hauptstock

Trotz sinkender Mitgliedszahlen in den vergangenen Jahren konnten die Kirchen in Deutschland höhere Kirchensteuereinnahmen verbuchen. Doch mit den jüngsten Rekord-Mitgliederverlusten könnte sich das bald ändern, sagen Experten.

Von Franziska Hein (epd)

Evangelische und katholische Kirchenmitglieder sind in Deutschland mittlerweile in der Minderheit. Ihr Anteil lag im Jahr 2022 bei 47,5 Prozent, wie die Kirchenmitgliederstatistiken der katholischen Deutschen Bischofskonferenz und der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) zeigen. Rechnet man orthodoxe oder freikirchliche Christen hinzu, gehören jedoch immer noch mehr als die Hälfte der Bevölkerung einer christlichen Konfession an.

Laut dem Münsteraner Religionssoziologen Detlef Pollack ist die 50-Prozent-Schwelle eine wichtige Marke. Der Trend zum Kirchenaustritt werde sich weiter beschleunigen. Die Kirchen könnten wenig tun, um den Trend aufzuhalten, sagte Pollack.

Der Mitgliederschwund ist schon seit Jahren Realität. Vor 15 Jahren waren noch 60,6 Prozent der Deutschen katholisch oder evangelisch. Doch hat sich der Mitgliederverlust in den vergangenen Jahren beschleunigt. Ein Grund dafür ist neben dem demografischen Wandel die gestiegene Austrittsrate. Aus beiden Kirchen traten im Jahr 2022 so viele Menschen aus wie noch nie zuvor.

Nach Zahlen, die die katholische Deutsche Bischofskonferenz am Mittwoch veröffentlichte, sind noch 20,9 Millionen Deutsche Mitglied in der katholischen Kirche, ein Anteil von 24,8 Prozent. Sie verlor
700.000 Mitglieder im Vergleich zu 2021, darunter waren 522.821 Kirchenaustritte - ein Rekordwert.

Der evangelischen Kirche gehörten 2022 19,1 Millionen Deutsche an. Die Zahl der Kirchenaustritte stieg im Vergleich zum Vorjahr um 100.000 auf rund 380.000 und war damit ebenfalls so hoch wie noch nie.

Doch zeigt sich ein Paradox: Zwar sinken die Mitgliederzahlen bei beiden Volkskirchen, doch die Kirchensteuereinnahmen, die finanzielle Grundlage der 27 katholischen (Erz-)Bistümer und 20 evangelischen Landeskirchen, stiegen trotz schwieriger wirtschaftlicher Lage in den vergangenen Jahren langfristig betrachtet an. Für das Jahr 2022 meldete die EKD eine Rekordsumme von 6,24 Milliarden Euro. Für die katholische Kirche liegt die aktuelle Zahl noch nicht vor.

Nach der Statistik der Bischofskonferenz für 2021 stiegen die Kirchensteuereinnahmen auf rund 6,73 Milliarden Euro. Im Vor-Pandemie-Jahr 2019 hatte die katholische Kirche eine Rekordsumme von 6,76 Milliarden Euro aus der Kirchensteuer eingenommen.

Doch in Zukunft werden sich die sinkenden Mitgliederzahlen auch auf die Finanzen auswirken. Eine Studie von Finanzwissenschaftlern ging 2019 von einer Halbierung der Finanzkraft bis 2060 aus.
Allerdings ist diese Prognose bei dem anhaltenden Trend der Kirchenaustritte bereits überholt. Während sich demografische Faktoren, wie etwa die Sterbefälle und Geburtenzahlen, in etwa so weiterentwickeln wie 2019 angenommen, haben sich die Austrittsquoten deutlich ungünstiger entwickelt, erläutert Fabian Peters, einer der Autoren der Studie von 2019.

Mitgliederschwund und Teuerung haben aber auch heute schon Folgen für die Kirchenfinanzen. Zwar würden bundesweit nominale Rekordeinnahmen verzeichnet, sagte der Ökonom und Leiter des Kompetenzzentrums Statistik und Datenanalyse der Evangelischen Landeskirche in Württemberg. Durch Mitgliederverluste und Preissteigerungen sei «die finanzielle Power» aber zurückgegangen.

Die Folgen der Austrittswelle wird die Gesellschaft laut dem Münsteraner Kirchenrechtler Thomas Schüller in absehbarer Zeit spüren. Die Frage, ob und wie die Bistümer in Zukunft noch ihre Zuwendungen für Schulen, Pflegeheime, Hospize und Krankenhäuser aufbringen könnten, habe eine gesellschaftspolitische Dimension. Es sei zu erwarten, dass zeitnah mit den Kirchen ein Eckpfeiler des Gesamtsystems, und damit des gesellschaftlichen Zusammenhalts wegbreche.

Autor:

Katja Schmidtke

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