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EKD-Synode
Nordlicht mit ostdeutscher Perspektive

EKD-Synodaler Jan Lemke will juristischen Sachverstand und die spezifischen Erfahrungen aus dem Osten stärker einbringen.

Von Martin Hanusch

Wenn Jan Lemke sich in der Synode der mitteldeutschen Kirche zu Wort meldet, ist ihm die Aufmerksamkeit gewiss. Das liegt keineswegs nur an der Statur des Juristen – »ich bin nicht von Natur aus schlank«, sagt er selbstironisch – sondern mehr noch an seinem trockenen norddeutschen Humor und seinen treffenden Einwürfen. Dass der 51-jährige Richter am Magdeburger Landgericht seit 2016 die mitteldeutsche Kirche auch in der EKD-Synode vertritt, kommt also nicht von ungefähr.
Zum einen gilt Lemke als erfahrener Synodaler, außerdem ist er als Jurist auch in der Kirche ein gefragter Ratgeber. Seine kirchliche Karriere war ihm gleichwohl nicht in die Wiege gelegt. Obwohl er aus Hamburg stammt und in Kiel und Wilhelmshaven groß geworden ist, kommt er nicht aus einem christlichen Elternhaus. Sein Vater fährt zur See, die Mutter ist gelernte Bankerin, kümmert sich aber vorwiegend um die Kinder.
Sein Weg in die Kirche sei damals eine bewusste Entscheidung gewesen, erinnert sich Lemke. Er geht mit anderen Jugendlichen in den Konfirmandenunterricht und findet erst in Kiel, später in Wilhelmshaven-Fedderwarden Pfarrer, die den richtigen Ton treffen.
Bis heute bedeutet für ihn die Kirche ein Stück Heimat. »Egal, wo man hinkommt, unterm Kreuz gibt es einen Ort, wo man seinen Anker werfen kann«, ist er überzeugt. Diese Erfahrung macht er auch, als er nach dem Jurastudium in Trier und Kiel und seinem Referendariat in Oldenburg 1995 in den Osten ans Magdeburger Landgericht wechselt. Hier ist er für Straf- und Zivilsachen zuständig, seit 2005 nur noch für Strafsachen. »Im Landgericht trägt man schon große Verantwortung, da ist es hilfreich, einen Ausgleich zu haben.«
Heimisch wird er zunächst in der Magdeburger Pauluskirche. »Hier hat man mich schnell als Fremdkörper ausgemacht und dann schnell in den Gemeindekirchenrat geholt«, sagt er mit einem Schmunzeln. Den Ausgleich findet er in der Familie mit seiner Frau, die ihm 1999 nach Magdeburg folgt, und den beiden Töchtern. Und neben seinem Interesse an Geschichte kommen im Laufe der Jahre weitere kirchliche Funktionen dazu – im Kirchenkreis und auf landeskirchlicher Ebene.
Von Anfang an begleitet er den Fusionsprozess zwischen Kirchenprovinz Sachsen und Thüringer Landeskirche und gestaltet ihn in der Verfassungskommission auch direkt mit. »Das waren spannende Geschichten.« Die Aufgabe als EKD-Synodaler ist für ihn gleichwohl jetzt noch einmal »eine ganz andere Nummer«.
Er sei zwar keine genuin ostdeutsche Stimme, aber als ein Sachwalter der ost-deutschen Perspektive verstehe er sich dabei schon. »Wenn ich etwas mache, will ich es auch richtig machen.« So hält er es auch für einen Fehler, »dass im Rat der EKD kein in Ostdeutschland sozialisierter Vertreter der hiesigen Christenheit sitzt«. Nach seiner Beobachtung sind die Probleme der hiesigen Diaspora in der EKD noch nicht wirklich angekommen. Zudem gebe es ostdeutsche Kulturformen, die er auch für einen Vorteil hält – etwas weniger Selbstdarstellung und mehr Bescheidenheit zum Beispiel.
Ein weiterer zentraler Punkt, der ihn umtreibt, ist die Frage des Identitätserhalts bei Strukturveränderungen. Die damit einhergehenden Probleme kennt er aus eigener Anschauung in der EKM nur zu gut. »Hier hätten wir einige Härten durchaus abmildern können«, sagt er im Rückblick.
Diese Erfahrungen sollen ihm nun in der EKD-Synode zugutekommen. Insbesondere will er sich für den Erhalt der Bekenntnisvielfalt einsetzen. »Die unierte Tradition hat ihre Berechtigung, und das reformierte Bekenntnis ist ebenfalls wichtig«, unterstreicht er nachdrücklich. Vermutlich kommt diese Sicht noch aus der Zeit, als er sich u.a. intensiv mit friesischer Philologie und Minderheitenfragen beschäftigt hat. Der Titel seiner Doktorarbeitet lautet denn auch vielsagend »Nationale Minderheiten und Volksgruppen im schleswig-holsteinischen und übrigen deutschen Verfassungsrecht«.

Autor:

Online-Redaktion

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