Kalenderblatt
Johann Rudolf Ahle: Der Kirchenmusiker und Komponist starb vor 350 Jahren
Am 9. Juli 1673, also vor 350 Jahren, verstarb der evangelische Kirchenmusiker, Komponist, Musiktheoretiker und Organist an der Blasiuskirche Johann Rudolf Ahle (1625–1673) in Mühlhausen.
Von Andreas Rockstroh
Dieser Name ist heute nicht mehr vielen bekannt, denn Ahle zählt eher zu den unbekannteren Komponisten des 17. Jahrhunderts. Dies allerdings zu unrecht, wie sich in den folgenden Ausführungen zeigen wird.
Im Evangelischen Gesangbuch finden sich drei bekannte und auch heute noch gern gesungene Melodien Ahles zu den Texten von "Liebster Jesu, wir sind hier" (EG 161), "Dass Jesus siegt …", "Es ist genug" (EG 375) und "Morgenglanz der Ewigkeit" (EG 450). Auch Ahles Sohn, Johann Georg (1651–1706), Nachfolger seines Vaters an der Blasiuskirche, ist mit der eingängigen Melodie zu "Die güldene Sonne bringt Leben und Wonne" (EG 444) vertreten.
Dessen bedeutender Nachfolger als Organist an der Blasiuskirche wurde übrigens kein Geringerer als Johann Sebastian Bach (1685–1750), der allerdings nur ein Jahr, von 1707 bis 1708, in Mühlhausen wirkte und mit seiner legendären Ratswahlkantate "Gott ist mein König" (BWV 71), Bachs erstem gedruckten Werk, zu Lebzeiten Berühmtheit erlangte.
Johann Rudolph Ahle entstammte einer Familie aus der bürgerlichen Mittelschicht, die im thüringischen Mühlhausen ansässig war. Am 24. Dezember 1625 wurde er als Sohn des Händlers Johann Ahle und seiner Frau Gertraute (geb. Printz) geboren und wenige Tage später in der Mühlhäuser Vorstadtkirche St. Georg getauft.
Über Ahles frühe Kindheit ist nur wenig bekannt. Während des Besuchs der Mühlhäuser Lateinschule erhielt er vermutlich bereits seinen ersten Instrumental- und Orgelunterricht vom Organisten der beiden Hauptkirchen, St. Marien und Divi Blasii.
1643 verließ Ahle Mühlhausen und wechselte an das Pädagogium in Göttingen. Im Frühjahr 1645 studierte er Theologie an der Universität Erfurt. Ein dortiger universitärer Abschluss Ahles ist allerdings nicht belegbar. Danach versah er in Erfurt die Kantorenstelle an der Andreas-Kirche, die mit dem Schuldienst an der dortigen Kirche verknüpft war.
Dort entstanden erste theoretische Schriften zur Musik und Ahles früheste gedruckte Kompositionen, die ersten geistlichen Konzerte mit dem Titel: "Erster Theil Geistlicher DIALOGEN Neben Einer anmuthigen Zugabe für 2–4 (und mehr) Stimmen, Erfurt 1648".
1649 kehrte Ahle in seine Heimatstadt Mühlhausen zurück. Über seine dortige Tätigkeit zwischen 1649 und 1654 ist nichts überliefert. Möglicherweise arbeitete er im Geschäft seines Vaters und erhielt Geldzahlungen für komponierte Gesangs- und Instrumentalwerke für Stadt und Kirche, die er unter dem Titel "Lustgarten", ähnlich den später 1657 veröffentlichten Drucken des "Neu-gepflanzten Thüringischer Lustgarten, in welchem XXVI. Neue geistliche musicalische Gewächse versetzt für 3–10 (und mehr) Stimmen", erschienen. Weitere Zyklen mit gleichem Titel wurden in den Jahren 1658 und 1663 gedruckt.
1654 erhielt Ahle das Amt des Organisten an der Divi Blasii-Kirche. Ahles Ruhm als Organist und Komponist wuchs rasch. Ab 1660 wandte sich Ahle zeitweise der Komposition und Publikationen von eingängigen geistlichen Arien mit und ohne Instrumente zu, welche eine weite Verbreitung erfuhren.
1655 wurde Ahle in den Rat der Stadt Mühlhausen gewählt, wo er zahlreiche Ämter wahrnahm und schließlich 1673 zum Bürgermeister der Stadt aufstieg.
Das umfangreiche Œuvre Johann Rudolf Ahles, welches fast ausschließlich in zeitgenössischen Drucken erhalten ist, bietet ein Fülle in unterschiedlichsten Besetzungen mit und ohne Instrumente (Streicher, Holzbläser) für die Praxis, besonders auch für kleinere kirchenmusikalische Verhältnisse. Die Geistlichen Konzerte, Chorsätze und Motetten in den unterschiedlichsten Besetzungen sind teils homophon, vor allem aber kontrapunktisch geprägt, sie stehen unter den neuesten italienischen Einflüssen und sind von Heinrich Schütz, Andreas Hammerschmidt und anderen zeitgenössischen Komponisten beeinflusst.
Ahle beherrscht die Concertato-Technik vorzüglich, sowohl in den klein besetzten Werken mit vier und mehreren Vokalstimmen mit Instrumentalbegleitung, als auch in den großbesetzten Kompositionen. Er arbeitete oft und gezielt mit charakteristischen mehrstimmigen Kontrasten zwischen hohen und tiefen Stimm- und Instrumentalgruppen.
Autor:Online-Redaktion |
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