Autobahnkirche
Eine Predigt, die unter die Haut ging
Wie wichtig Zeitzeugen sind, bewahrheitete sich an der Kirche der Einheit – Herbst 89 an der A 71 am Parkplatz Thüringer Tor. Der katholische Pfarrer Thomas Menzel (Mellrichstadt) berichtete aus eigener Erfahrung von der einstigen deutsch-deutschen Grenze aber auch von der Öffnung und der Wiedervereinigung vor 30 Jahren.
Von Hanns Friedrich
„Das ging unter die Haut… beeindruckend… so wirklichkeitsnah… ja, so war das damals… kaum zu glauben.“ Aussagen von Besuchern der Freiluftandacht am Kreuz der Autobahnkirche, die von dem evangelischen Pfarrer Michael Schlauraff (Bibra) und dem stellvertretenden Dekan im Landkreis Rhön-Grabfeld Pfarrer Thomas Menzel gehalten wurde. Musikalisch gestaltet vom Posaunenchor „Mittendrin“. Im Anschluss erinnerten Peggy Greiser, Landrätin Schmalkalden-Meiningen und Rhön-Grabfeld-Landrat Thomas Habermann daran, wie wichtig es ist, die Erinnerung an diese Zeit wach zu halten. Thomas Habermann: „Wir konnten nur vom Zaun aus zuschauen, was in der DDR passiert und waren in Gebeten und Gedanken dabei.“
Diejenigen, die diese kleine Kirche initiiert und gebaut haben, hätten sicherlich nicht gedacht, dass das Gotteshaus eines Tages zu klein ist, um all die vielen Menschen aufzunehmen, besonders am Tag 30 Jahre Wiedervereinigung. Das sagte der evangelischen Pfarrer Michael Schlauraff und nannte die Autobahn einen Verbindungsweg zwischen Thüringen und Franken. Im Psalm 66 „Jauchzet Gott alle Lande“ wurde deutlich, dass Gottes Werke wunderbar sind. Deshalb komme man auch in seinem Namen zusammen „und bringen unsere Freude dar mit Herz und Lippen.“ In seiner Predigt drehte Pfarrer Thomas Menzel das Rad der Geschichte zurück bis in seine Kindheit, als Deutschland geteilt war. In Unteressfeld bei Bad Königshofen aufgewachsen, gehörte der Besuch des Aussichtsturms Zimmerau mit Blick auf die DDR Sperranlagen ebenso dazu wie die Grenze nahe der Ursulakapelle bei Alsleben. Immer wieder habe er seine Eltern gefragt, warum es diesen Zaun gibt und warum man nicht zu den Menschen in der DDR gehen kann. „Mir war als Kind klar: Dort auf der anderen Seite ist es anders als bei uns, irgendwie auch ein bisschen unheimlich. Das alles habe er mit den kindlich großen Augen gesehen. Dann kamen die gewaltfreie Öffnung der Grenze und die Wiedervereinigung. An seinem 12. Geburtstag fuhr Thomas Menzel mit seiner Familie nach Gleichamberg in Thüringen. Thomas Menzel: Autoschlangen reichten damals bis nach Trappstadt. Auch hier wieder große Augen, mit denen die Menschen in der DDR damals den Westfahrzeugen nachschauten.
Im Kulturhaus in Gleichamberg knüpfte man freundschaftliche Bande mit einem Ehepaar, die heute noch vorhanden sind. Man könne, rückblickend nur dankbar sein, dass sich vor 30 Jahren Menschen nicht schrecken ließen von Staatsmacht und Willkür, sich nicht klein machen ließen durch Bespitzelung, Spott und Hohn. „Auch nicht in ihrem Glauben und ihrem Gottvertrauen ließen sie sich beirren, versammelten sich in Kirchen, um in eine noch unbekannte Freiheit aufzubrechen.“ Unglaublich vieles sei in den vergangenen drei Jahrzehnten gesät worden an Einsatz, Bereitschaft zur Erneuerung, an Willen zum Aufbau und zur Gestaltung der Zukunft und ganz gewiss auch an Geld und Gut. Damit war Thomas Menzel beim Evangelium vom Samenkorn, das in die Erde gelegt zu einer großen Pflanze heran wächst. Die Saat sei, wie im Evangelium, teils auf den Weg gefallen, oftmals unter Dornen, wurde überwuchert von Profitgier, von der Herrschaft des Marken, von alten und neuen Verstrickungen der Macht und vom Gestrüpp undurchsichtiger Machenschaften. Der Prediger zitierte den Erfurter Bischof der einmal gesagt hatte: Der Einigungsprozess war und ist kein Zuckerschlecken, doch Freiheit ist immer die menschlichere Option.“ Es gelte auf die Zeichnen der Zeit und die Zeichen der vergangenen Jahre zu achten. Die Herausforderung der Stunde sei, nicht aufzugeben. „Lassen sie uns miteinander und füreinander da sein.“
Landrätin Peggy Greiser, dankte allen, die zur Andacht gekommen waren und erwähnte das „Abstand halten“ in der heutigen Zeit. Sie bestätigte aber, dass in den vergangenen 30 Jahren „wir unwahrscheinlich zusammen gewachsen sind.“ Dank gelte denen, die vor drei Jahrzehnten das durch eine friedliche Revolution auf den Weg gebracht haben. Sie erwähnte aber auch die Politiker auf beiden Seiten, die es ermöglichten, dass die Deutsche Einheit Wirklichkeit wurde. Peggy Greiser: „Ich verspreche, dass ich als Kommunalpolitikerin mit meinem Amtsbruder und meinem Vorgänger weiter daran arbeiten werde, dass das was sie geschaffen haben, erhalten bleibt und noch ein Stück weit besser wird.“
Rhön-Grabfeld Landrat Thomas Habermann sprach von einer fränkisch-thüringischen Familie. Die Autobahnkirche nannte er einen symbolträchtigen Ort, an dem man die Erinnerung wach halte. Auch er erwähnte diejenigen, die den Umschwung und die Öffnung der Grenzen ermöglichten. „Sie waren es, die unermüdlich beharrlich durch Gebet und Demonstrationen, dies erreichten, wir im Westen konnten nur über dem Zaun zuschauen, die Daumen drücken, mit hoffen und mit beten, dass es friedlich gelingt.“ Dank galt den beiden Pfarrern, die mit der Andacht deutlich machten, dass letztendlich alles an Gottes Segen liegt. Thomas Habermann zitierte aus dem Grundgesetz wo es in der ersten Präambel heißt: Im Bewusstsein seiner Verantwortung vor Gott und den Menschen, hat sich das deutsche Volk diese Verfassung gegeben.“ Herausgestellt hat der Rhön-Grabfeld Landrat das gute Verhältnis zwischen beiden Landkreisen. „Da ist Vertrauen und echte Freundschaft da!“ Dank galt Ralf Luther, der mit dem damaligen Rhön-Grabfeld-Landrat und weiteren Mitstreitern, die Autobahnkirche geplant habe.
Schließlich plauderte Thomas Habermann aus dem Nähkästchen und sagte, dass sein Enkel am Sonntag zwei Monate wird. „Die Mutter kommt aus Behrungen und der Vater, mein Sohn, ist aus Bad Neustadt, was gibt es eine schönere Verbindung.“ Ralf Luther, Vorsitzender im Verein Autobahnkirche A 71 e.V. , nannte den passenden Namen „Kirche der Einheit – Herbst ‘89“ Sein Dank galt allen, die mitgeholfen haben, diese Autobahnkirche zu erstellen und denen, die zur Gedenkandacht gekommen waren. Hingewiesen hat er auf neue, von der Schnitzerschule Empfertshausen geschaffene, Sitzmöglichkeiten in der Kirche und dankte dm Posaunenchor „Mittendrin“ und den beiden Pfarrern Thomas Menzel und Michael Schlauraff, für die Gestaltung.
Autor:Online-Redaktion |
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