Hillersleben feiert seine Böttcherorgel
Mit einer Nacht der Lichter voller Musik beginnt die Gemeinde Hillersleben am 18. Juni eine dreiteilige Konzertreihe, mit der sie ihre Orgel feiert: Die Böttcherorgel, vor 140 Jahren gebaut, ist vor zehn Jahren nach ihrer Restaurierung wieder in Dienst gestellt worden. Dabei besinnen sich die Gemeindeglieder im Kirchenkreis Haldensleben-Wolmirstedt auf die ganze Geschichte:
Von Renate Wähnelt
Die ursprünglich romanische Klosterkirche war im 19. Jahrhundert zu großen Teilen neoromanisch hergerichtet worden. Im 20. Jahrhundert hinterließ die Nutzung bzw. Vernachlässigung ihre Spuren; das Klostergelände wurde von Wehrmacht und Sowjetarmee genutzt. Engagierte Menschen aus dem Ort und glückliche Fügung, sprich Geld aus Konjunkturpaketen und die Spende einer Kantorentochter, sorgten dafür, dass die baufällige Kirche 2011 mitsamt Orgel, die fast 40 Jahre kaum gespielt worden war, restauriert wurde.
Auf die Orgel ist Thomas Beißert besonders stolz. Das Mitglied des Gemeindekirchenrates hat sich das Orgelspiel anfangs selbst beigebracht, nahm dann Unterricht und spielt nun regelmäßig im Ehrenamt. "An erster Stelle steht das Lob Gottes; aber wir haben auch regelmäßig Konzerte", sagt er.
"Das Zusammenspiel von Raum und Instrument ist fast einmalig schön"
Der Magdeburger Orgelbaumeister Carl Böttcher hatte in der Gegend einige Orgeln gebaut. 1881, zwei Jahre vor seinem Tod, vollendete er den Auftrag, für die Klosterkirche im nahen Hillersleben eine neue Orgel zu bauen, als Ersatz für die durch einen Blitzschlag zerstörte. "Er hat sein Meisterwerk geschaffen", schwärmt Thomas Beißert und weiß sich in diesem Urteil einig mit den Organisten, die als Gäste hier konzertieren. Das zweimanualige Instrument hat 26 Register, die sich auf Haupt- und Oberwerk sowie Pedal verteilen; es wurde nie umgebaut. "Eine Besonderheit ist, dass Carl Böttcher für das Pedal eine Kegellade und für die Manuale Schleifladen gebaut hat", beweist Thomas Beißert Orgelsachverstand.
Doch nicht nur die mechanischen Laden machten diese, Böttchers größte Orgel zu etwas ganz Besonderem: "Das Zusammenspiel von Raum und In-strument ist fast einmalig schön; die Orgelbauer der Firma Sauer sagten, das hätten sie bisher nur im Königsberger Dom erlebt."
Carl Böttcher baute eine romantische Orgel, was deutlich zu hören sei, sagt Thomas Beißert. Barockmusik gehe jedoch auch. Und so wird im Jahr eines anderen Jubilars – Michael Praetorius (um 1571–1621) – in der Nacht der Lichter Barockmusik erklingen: Thomas Beißert an der Orgel, der Posaunenchor Barleben und die Sopranistin Grit Wagner interpretieren Choräle und Tänze von Praetorius sowie seiner Zeitgenossen Schein, Scheidt und Schütz sowie den Halleluja-Chor und Arien von Händel.
Die Konzertreihe geht weiter am 1. August, wenn Thomas Beißert um 16 Uhr Händels Wasser- und Feuerwerksmusik sowie seine wenig bekannte Waldmusik von 1742 spielt. "Das Konzert habe ich in den vergangenen Jahren schon zweimal gegeben, und die Kirche war jedes Mal voll", blickt er auf die Neuauflage voraus.
Zum eigentlichen Jubiläumsfestkonzert erwartet die Gemeinde am 18. September um 16 Uhr den 2. Domorganisten aus Bautzen. "Felix Bräuer freut sich, wieder unsere Böttcherorgel spielen zu dürfen. Er wird ein eigenes Werk uraufführen", sagt Thomas Beißert.
Autor:Renate Wähnelt |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.