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Alkoholismus
Wenn die Eltern süchtig sind

Für Kinder suchtkranker Eltern gibt es keine flächendeckenden und regelfinanzierten Hilfsangebote.  | Foto: epd-bild/Maike Glöckner
  • Für Kinder suchtkranker Eltern gibt es keine flächendeckenden und regelfinanzierten Hilfsangebote.
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Kinder suchtkranker Eltern erhalten nach Ansicht der Psychologin Corinna Oswald häufig keine angemessene Hilfe. «Unglaublich wichtig wären bundesweit flächendeckende Hilfsangebote für Kinder und Familien», sagte Oswald. Derzeit gebe es bundesweit nur etwa 200 Angebote.

In Deutschland leben Oswald zufolge etwa 2,65 Millionen Kinder, deren Eltern Alkohol missbrauchen oder abhängig sind. «Dazu kommen 40 000 bis 60 000 Kinder, deren Eltern Drogen konsumieren», sagte die Psychologin, die Vorstandsmitglied des Vereins «Nacoa Deutschland – Interessenvertretung für Kinder aus Suchtfamilien» ist.

Viele Hilfsangebote seien über Spenden oder eine zeitlich begrenzte Projektförderung finanziert. «Wenn die Angebote nach ein paar Jahren auslaufen, ist das fatal», kritisiert Oswald. Die Kinder, die in ihren Familien kaum Verlässlichkeit erlebten, seien dringend auf Sicherheit und Stabilität der Hilfsangebote angewiesen. Daher brauche es eine Regelfinanzierung.

Die Kinder suchtkranker Eltern seien vielen Belastungen ausgesetzt, sagt Oswald. «Die Hauptbelastung ist, dass die Kinder und Jugendlichen eben nicht Kinder und Jugendliche sein können.» Sie übernähmen Aufgaben, die nicht kindgerecht seien und schlüpften oft in die Elternrolle. Schulisch blieben sie häufig weit hinter ihren Möglichkeiten zurück, auch wegen mangelnder Förderung durch die Eltern. Gleiches gelte für den Freizeitbereich: «Die suchtkranken Eltern erkennen die Bedürfnisse, Interessen oder Talente ihrer Kinder oft nicht und können sie daher nicht fördern», erklärt die Psychologin.

Auch gesundheitliche Risiken seien bekannt. «Aus Erhebungen weiß man, dass gut ein Drittel der Kinder aus suchtbelasteten Familien selbst eine Sucht entwickelt», sagt Oswald. Wiederum ein Drittel entwickle andere psychische Störungen. «Oft treten schon im Kindes- und Jugendalter Auffälligkeiten und Störungsbilder auf, die einer Behandlung bedürfen.»

Bei den Hilfsangeboten sei Aufklärungsarbeit wichtig, sagt die Expertin. «Wir erklären den Kindern und Jugendlichen, dass Sucht eine Erkrankung ist, die sie nicht verursacht haben und die sie nicht selbst heilen können.» Durch die Coronapandemie haben sich bestehende Probleme Oswald zufolge weiter verschärft – insbesondere während der Lockdowns. Beispielsweise gebe es ohnehin oft wenig Struktur in den Suchtfamilien, was in diesen Zeiten teilweise zu einem gänzlich fehlenden Rhythmus geführt habe.

Mehr als eine Million Menschen in Deutschland sind alkoholabhängig

Den Erhebungen der Barmer Krankenkasse zufolge sind mehr als 1,1 Millionen Menschen in Deutschland alkoholabhängig. Dabei seien vor allem Menschen in der zweiten Lebenshälfte betroffen, heißt es in einer Auswertung des Instituts für Gesundheitssystemforschung der Barmer Krankenkasse. Demnach waren im vergangenen Jahr in Deutschland 820 000 Männer und 329 000 Frauen erwiesenermaßen alkoholabhängig.

Im Bundesschnitt liegt der Anteil der Studie zufolge bei 14 Alkoholkranken je 1000 Personen. In Sachsen seien 19 je 1000 Personen betroffen, in Sachsen-Anhalt und Thüringen je 17 auf 1000. «Die massiven regionalen Unterschiede sind rein medizinisch nicht erklärbar. Hier dürften auch soziodemografische Faktoren eine Rolle spielen», sagt die leitenden Barmer-Medizinerin Ursula Marschall. «Alkoholismus manifestiert sich in der Regel über viele Jahre und kommt vor allem in der Generation der Babyboomer der 50er und 60er Jahre vor», betonte Marschall.

(epd)

Autor:

Online-Redaktion

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