Episode 25: Über unsere Gärten und ein demütiges Pflänzchen
Das Lamm in den Erdbeeren
An diesem Wochenende schließt die Bundesgartenschau – wir hatten mehrere Monate Zeit, darüber nachzudenken, was eigentlich ein „Garten“ ist. Der Begriff leitet sich von dem Wort „Gerte“ ab. Noch heute kann man in einigen Gegenden sehen, wie durch einfache verflochtene Gerten das kultivierte Land umzäunt wird. Ein eher nüchterner Vermessungsvorgang, den man auch Einfriedung nennt. Doch in diesem Wort klingt sehr viel mehr mit: nämlich, dass Gärten Leib und Seele Geborgenheit geben.
Zum Schluss will ich mit Ihnen eine kleine, beliebte Pflanze unserer Gärten genauer betrachten. Es ist die Erdbeere. Neben den großen, leckeren Früchten verrät uns diese Pflanze noch andere interessante Dinge. Bei den Römern war die Erdbeere ein Symbol für das weit zurückliegende „Goldene Zeitalter“. Die ersten Christen deuteten dies als Paradies. Und so ließen sie Erdbeeren als Vorgeschmack der Seelen auf das Paradies auf den Gräbern wachsen.
Wenn Sie eine Erdbeerpflanze beobachten, werden Sie sehen: Sie kann gleichzeitig blühen und Früchte tragen. Damit wurde sie zu einem Symbol der jungfräulichen Mutterschaft Mariens. Im Mittelalter waren Bilder nicht sehr verbreitet, sodass man die Natur genauer betrachtete. In Mitteleuropa versinnbildlichen deshalb viele heimische Pflanzen christliche Aussagen. Der niedrige Wuchs der Erdbeere ließ sie schon bald zu einem Symbol der Bescheidenheit und Demut werden.
Die Erdbeeren des Mittelalters waren kleiner als unsere heutigen Züchtungen; wir können sie mit unseren Walderdbeeren vergleichen. Die kleinen roten Früchte erinnern an Blutstropfen. Die fünf Blütenblätter waren ein Hinweis auf die fünf Wunden Christi. Die dreiteiligen Blätter schließlich wurden als Symbol der Dreieinigkeit gesehen.
Auf mittelalterlichen Gemälden waren Blumen und Pflanzen nicht nur schmückendes Beiwerk, sondern sie sprachen in ihrer speziellen Symbolik die Menschen an und unterstützten die Aussagen des Künstlers. So finden wir die kleine Erdbeere auf dem Gemälde „Paradiesgärtlein“ von 1410 auf dem Einhornaltar im Erfurter Dom, wie auch auf dem Weimarer Cranachaltar unterhalb des Lammes Gottes.
Damit möchte ich mich von Ihnen verabschieden. Ich hoffe, diese Reihe kleiner Besinnungen zu Pflanzen hat Ihnen Freude bereitet und Lust gemacht, die „frohe Botschaft“ auch in der Botanik zu suchen. Gartenpfarrer Johannes Schmidt
Mit der Buga endet in dieser Woche auch unsere Serie "Buga, Bibel und Botanik". Alle Episoden sind zu finden unter
8 meine-kirchenzeitung.de/c-spezial Serie »Buga, Bibel und Botanik«
Autor:Online-Redaktion |
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