Serie "Buga, Bibel, Botanik"
Kein Biologiebuch
Wenn Sie die ersten und letzten Seiten der Bibel aufschlagen, werden Sie sehen, dass Gottes Geschichte mit dem Menschen in einem Garten begann und sie in einem Garten endet.
In der Bibel sind etwa 110 Pflanzen namentlich erwähnt. Erst 1718 erschien in Europa ein botanisches Buch über die Pflanzenwelt Vorderasiens. Rund zweihundert Jahre zuvor griffen Martin Luther und andere Bibelübersetzer daher auf die in ihrer Zeit bekannten Pflanzennamen zurück. Der Zöllner Zachäus stieg beispielsweise auf einen Maulbeerfeigenbaum, um Jesus zu sehen. Luther machte daraus den in Mitteleuropa bekannten Maulbeerbaum. Trotz dieser Änderung blieb der Sinn erhalten, denn die Bibel will kein Biologiebuch sein.
Mit der Entstehung der Klöster rückte auch die Krankenpflege ins Blickfeld. Deshalb wurden in den Klostergärten viele Heil- und Gewürzpflanzen für diese Arbeit angebaut. Einige unserer heutigen Zierpflanzen wurden als wichtige Pharmaka in den Klostergärten angepflanzt und fanden erst später ihren Weg auf die Blumenbeete, beispielsweise die Pfingstrose oder die Schwertlilie.
Pflanzen der Heimat bekamen durch die Mönche „theologische“ Namen, die sich auch unter dem Volk verbreiteten. Die Pflanzbücher des Mittelalters waren naturwissenschaftliche Beschreibung und religiöse Erbauung zugleich. So entstand etwa der noch heute gebräuchliche Name „Kreuz-Enzian“. Früher nannte man diese Pflanze „Madelgar“.
Wie eng Alltagsleben und Christentum miteinander verwoben sind, können Sie auch an Pflanzennamen sehen. Als Beispiel möchte ich Himmelschlüsselchen, Osterglocken oder Johannisbeere nennen. Ein so sichtbar enges Verhältnis zwischen Sprache und Christentum ist nur aus einer inneren Haltung der Achtung und Verehrung möglich. Sicherlich kennen Sie noch viele weitere Pflanzen dieser Kategorie.
Und falls nicht, dann lassen Sie sich bei einem Spaziergang oder beim Besuch der Bundesgartenschau zu solchen Entdeckungen inspirieren.
Gartenpfarrer Johannes Schmidt
Autor:Online-Redaktion |
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