Durchgehend geöffnet
St. Nikolai in Glindenberg an der Elbe gehört seit drei Monaten zu den »Offenen Kirchen«
Von Katja Schmidtke
»Ihre Kirche«, heißt es auf der Homepage der Glindenberger Kirchengemeinde. »Für Sie geöffnet« steht auf dem Schild, das am Hauptportal von St. Nikolai zum Besuch einlädt. Es ist ein warmes Willkommen, das offenbart: Dies ist Gottes Haus und die Öffnungszeiten bestimmt er.
Die Kirche in der Gemeinde im Kirchenkreis Haldensleben-Wolmirstedt ist seit Ende Mai eine jener offenen Kirchen, für die Landesbischöfin Ilse Junkermann als größtes Vorhaben der EKM im Reformationsjahr wirbt. Dem Kirchenältesten Dieter Lomberg ist die Initiative nicht fremd: Als Präses der Landessynode nahm er viele Gedanken aus den EKM-Gremien auf. Sein Vorstoß kam in der Gemeinde gut an. »Ob wir es uns trauen können, die Kirche gar nicht mehr zu verschließen, war schon eine Frage«, blickt Dieter Lomberg zurück. Jeden Tag Aufsichtspersonal und Schließdienst zu organisieren – dafür fühlte sich die Gemeinde mit ihren 160 Gliedern nicht stark genug. Aber man entschloss sich, das Experiment zu wagen mit der Option, »zuzuschließen, falls es gar nicht geht«.
Es geht – das ist das Fazit der ersten drei Monate. Kein Dreck, kein Vandalismus, kein Diebstahl. Die Altarleuchter aus Metall wurden jedoch gegen Exemplare aus Holz ausgetauscht; nicht minder schick, wie Lomberg versichert. Relativ schnell fanden sich Einträge im Gästebuch und wenn der Kirchenälteste alle paar Tage die Kirche besucht, fallen ihm die abgebrannten Teelichter auf. »Unsere Kirche liegt am Elberadweg, da machen Radtouristen Halt«, hat er beobachtet. Aber auch Einheimische kommen und Menschen, die die Region verlassen haben, aber für ein Klassentreffen zurückkommen oder zur Erinnerung an die Großmutter. Die Bläser nutzen die Kirche inzwischen zum inidviduellen Üben.
Dieter Lomberg will andere Gemeinden ermutigen, zumindest über die Öffnung nachzudenken. Eine pauschale Empfehlung spricht er nicht aus. »Das kann nur individuell entschieden werden«, sagt er. Die Initiative birgt für den Synodenpräses eine große Chance. »Kirchen sind geschützte Räume; Menschen dürfen sich hier angenommen fühlen, egal ob sie an Gott glauben. Es ist noch gar nicht so lange her, dass sich zu DDR-Zeiten viele verschiedene Menschen unter dem Dach der Kirche versammelt haben«, sagt Lomberg. Dass es ein Bedürfnis nach Religion gibt, lasse sich ablesen am Boom esoterischer und spiritueller Angebote. Da sei es gut, wenn die Kirche einlade. »Es ist ein Risiko, aber ein positives, wenn Menschen zu uns kommen, mit einem anderen Verständnis, auch mit Forderungen. Gott sagt: Kommt zu mir, und an uns gerichtet: Gehet hin!« Die offene Tür zeigt einen Weg.
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