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Barbara und Katharina sind zurück

Restaurierung: Zwei spätgotische Schnitzfiguren stehen wieder in der Wörbziger Kirche

Von Angela Stoye

Freudentag für die Kirchengemeinde Wörbzig: Ende Januar kehrten zwei spätgotische Schnitzfiguren in die Kirche im Kirchenkreis Köthen zurück. Diplom-Restauratorin Theresa Bräunig aus Dresden hatte sich der zerbrechlichen und teilweise zerbrochenen Kunstwerke angenommen. Nun stehen die Heilige Barbara und die Heilige Katharina auf eigens angefertigten Podesten an der Wand des Kirchenschiffes.
Als Tobias Wessel im Jahr 2000 als Pfarrer im Entsendungsdienst nach Wörbzig kam, lagen die beiden Kunstwerke seit Jahrzehnten stark beschädigt im Pfarrhaus. Dabei sollte es zunächst bleiben, bis der Pfarrer zu seinem 50. Geburtstag vor über drei Jahren um Spenden für die Restaurierung bat und damit den Prozess anstieß, der jetzt mit Unterstützung der Landeskirche ein gutes Ende fand.
Ende 2015 folgte ein Ortstermin in Wörbzig. Daran nahmen neben dem Pfarrer und der Restauratorin die Leiterin des Kirchlichen Bauamtes, Konstanze Förster Wetzel, und Karoline Danz vom Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt teil und begutachteten die beiden Flachreliefs. Dokumentiert wurde neben diversen Bruchschäden – so fehlt bei Katharina in voller Länge der seitliche Figurenabschluss – alter Befall mit Holzschädlingen. Durch die umfangreichen Fraßschäden sei »die Holzsubstanz sehr desolat und extrem bruchgefährdet«, hieß es. Die Figuren sollten möglichst nicht mehr bewegt und nur liegend aufbewahrt werden.
Die Überlieferung zu den beiden Schnitzfiguren ist spärlich. Sie stammen wohl ursprünglich aus einem Flügelaltar, den der Dehio, Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler, auf die Zeit um 1520 datiert. Von 1514 bis 1520 ließ Kirchenpatron Heinrich von Beltzig die Wörbziger Marienkirche umbauen. Damals bekam sie einen spätgotischen Ziergiebel. Die untere Turmhälfte und der Westteil des Schiffes stammen noch aus spätromanischer Zeit.
Barbara und Katharina gehörten zu einem Kanzelalter, der dann Mitte der 1960er Jahre im Zuge einer Innenraumsanierung zusammen mit der hufeisenförmig umlaufenden Empore aus der Kirche entfernt wurde. Aus alten Akten ließ sich zudem entnehmen, dass der Köthener Bildhauer Robert Propf (1910–1986) im Jahr 1964 den dunkelbraunen Öl-Anstrich, den die beiden Heiligen irgendwann erhalten hatten, entfernte. Darunter kam die weitgehend originale Farbfassung zum Vorschein. Zudem brachte Propf die Figuren 1965 zur Begutachtung in die Restaurierungswerkstatt des Instituts für Denkmalpflege in Halle. Werkstattleiter Konrad Riemann veranlasste, dass noch vorhandene Reste der Übermalung entfernt und das Holz mit einem Mittel zur Stabilisierung getränkt wurde. 1966 kehrten Barbara und Katharina nach Wörbzig zurück.
Was macht die beiden Figuren für Anhalt heute so wertvoll? Antwort gibt ein Blick in die Kirchengeschichte, in der es schon im Mittelalter immer wieder zu Streitigkeiten über das mosaische Bilderverbot kam. In der Reformationszeit lebte dieser Streit wieder auf, ausgefochten von Luther, Zwingli, Calvin und anderen.
In Anhalt führte er im Zuge der so genannten Zweiten Reformation ab dem Ende des 16. Jahrhunderts zu massiven Kirchenberäumungen. Zum Beispiel verlor die Zerbster Nicolaikirche auf diese Weise ihre mittelalterliche Ausstattung. Zugleich aber gab es in Anhalt viele Dorfkirchen, über die örtliche Adelsfamilien das Patronat ausübten. Diese Familien gingen den Weg der calvinistisch geprägten Zweiten Reformation nicht mit. So blieben viele Ausstattungsstücke erhalten (siehe Wochenkalender »Kirchenkunst in Anhalt«, 2018).
Die Kirchengemeinde Wörbzig, so Pfarrer Tobias Wessel, will die Rückkehr der beiden Figuren in einem Gottesdienst feiern. Der Termin steht zwar noch nicht fest, aber Ostern könnte passen.

Autor:

Kirchenzeitungsredaktion Evangelische Landeskirche Anhalts

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