Orden
Ein wiederbelebtes Kloster - für fünf Tage im Jahr
Eigentlich ist Kloster Memleben eine Ruine. Doch jedes Jahr kehren für fünf Tage Mönche hierher zurück. Sie wollen zeigen, wie Ordensleben heute aussieht. Am Sonntag endete ihr diesjähriger Aufenthalt, bei dem sie auch viele Fragen beantworteten.
Von Oliver Gierens (epd)
Die dunkle, mittelalterliche Krypta wird an diesem Mittag vom Gesang dreier Mönche durchdrungen. Nur durch das kleine, rote Glasfenster im Altarbereich dringt ein wenig Licht in die unterirdische Kapelle. Fast komplett sind die Plätze mit Besuchern gefüllt, manche beten bei schummrigem Licht die Gesänge und Gebete mit, andere hören einfach gebannt zu.
Einmal im Jahr hauchen drei Benediktinermönche der Klosterruine in Memleben (Sachsen-Anhalt) für fünf Tage wieder Leben ein. Sie stammen aus der Abtei Münsterschwarzach bei Würzburg, über Städtekooperationen kurz nach der Wende fanden sie Kontakt zum geschichtsträchtigen Kloster Memleben.
An diesem Ort, der zugleich Kaiserpfalz war, starb vor 1.050 Jahren, am 7. Mai 973, der römisch-deutsche Kaiser Otto I., genannt der Große. Bereits sein Vater, König Heinrich I., hauchte hier im Jahr 936 sein Leben aus. Otto II. gründete spätestens 979 mit seiner Frau Theophanu ein Benediktinerkloster zum Gedenken an seinen Vater, das mit der Reformation im 16. Jahrhundert unterging. Heute sind von den einst riesigen Bauten nur noch Ruinen erhalten.
An diesem Ort wollen Pater Maximilian und die beiden Ordensbrüder Melchior und Moses mit ihrer Anwesenheit demonstrieren, dass das Mönchsleben viel mehr als ein Relikt vergangener Zeiten ist. „Wenn wir hier sind, versuchen wir den Besuchern zu zeigen, dass es auch heute noch Mönche gibt“, erzählt Pater Maximilian dem Evangelischen Pressedienst (epd). „Und wir zeigen ihnen, wie wir als Ordensleute leben.“
Und das schildert der Benediktiner bei einer Führung ganz anschaulich. Früher, so erzählt er den Besuchern, hätten die Mönche, der Regel des Heiligen Benedikt folgend, in großen Schlafsälen übernachtet: „Heute hat jeder von uns ein Einzelzimmer mit einem eigenen Bett. Und das ist ein Komfort, auf den ich nicht mehr verzichten möchte.“
In früheren Jahrhunderten hätten die Mönche noch siebenmal am Tag das sogenannte Stundengebet der Kirche gebetet. Nachts um zwei seien sie dafür aufgestanden. Auch das sei heute nicht mehr so streng wie früher, erklärt Pater Maximilian. Dennoch: Langes Ausschlafen gibt es auch bei „modernen“ Mönchen nicht. Um fünf Uhr beginnt das Stundengebet, gefolgt von der Messe.
Die Tage in Memleben, die am vergangenen Sonntag endeten, sind für die drei Mönche kein Sommerurlaub. Auch hier geht es für sie um fünf Uhr zum Morgengebet hinab in die Krypta, die nach der Aufhebung des Klosters für einige Jahre als Kartoffelkeller genutzt wurde. „Viele haben noch eine Vorstellung von Mönchtum, wie sie durch Filme geprägt ist“, meint Pater Maximilian. Deshalb wollen die Mönche - gerade in Mittel- und Ostdeutschland mit seiner geringen Kirchenbindung - den Kontakt zu den Menschen suchen, mit ihnen ins Gespräch kommen und Fragen beantworten.
Und die stellen die Besucher reichlich. An diesem Nachmittag laden die Mönche zusammen mit Museumsleiterin Andrea Knopik zu einer Kaffeetafel im alten Klausurgarten ein. Ob denn der bekannteste Mönch aus Münsterschwarzach, der Bestseller-Autor Pater Anselm Grün, immer noch dort lebe? „Ja, er gehört zu unserer Gemeinschaft mit rund 80 Mitbrüdern“, erklärt Pater Maximilian: „Aber er ist nicht der Abt, für den ihn manche halten.“
Ob denn Mönche irgendwann in Rente gehen, möchte eine Frau am Tisch wissen. Und dürfen die Ordensleute eigentlich Bier trinken? Oder mal in Jeans oder Jogginghose aus dem Kloster hinaus? Pater Maximilian, Bruder Melchior und der von den Philippinen stammende Bruder Moses beantworten die Fragen mit viel Freude und Geduld.
„Gestern haben wir das Mittagessen zusammen mit den Mönchen schweigend eingenommen“, berichtet eine andere Besucherin: „Man kaut ganz anders, und es schmeckt auch anders.“ Auch Museumsleiterin Knopik freut sich über die Benediktiner, die seit 2011 das Kloster wenigstens für fünf Tage im Jahr zum Leben erwecken. „Wir wollen, dass Memleben nicht nur als Museum wahrgenommen wird“, sagt sie: „Die Menschen sollen sehen, dass das Klosterleben auch heute noch aktiv ist.“
Autor:Katja Schmidtke |
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