Axolotl darf nicht fehlen!
Geburtstagsgabe (13)
Hier ist der Brief des Axolotls an uns Menschen betreffs des Reformators Martin Luthers, dessen Geburtstag heuer vernachlässigt ward.
Ich bin das Axolotl. Das heißt, ich werde es sein. Martin Luther hat mir auf meinem Weg zur Vollendung geholfen. Darum dreht sich alles, was ich hier berichten will.
Wer Martin Luther war, muss ich nicht sagen. Von dem aber, was ein Axolotl sein könnte, wäre es wichtig zu sprechen. Also, - wir Axolotl leben im Wasser. Wir haben Kiemen, und deshalb bleiben wir lieber drunten. Weil wir uns seit Millionen Jahren mit einer genetisch bedingten Schilddrüsenunterfunktion rumschlagen müssen, schaffen wir die letzte Stufe unserer Entwicklung nicht ganz. Wir bleiben immer so was Ähnliches wie Kaulquappen - ewige Larven. Trotzdem werden wir geschlechtsreif und können uns fortpflanzen. Fragt jetzt nicht wie. Es geht eben. Diese komische Sache nennt man Neotenie. Ihr Menschen seid auch neotene Lebewesen. Glaubt Ihr nicht? Denkt mal daran, wie lange es dauert, ehe Ihr einen Ausweis bekommt.
Einige von uns hat man nun gefangen, weil wir so lustig aussehen. Humboldt hat uns nach Europa mitgebracht. Dann haben wir uns in der Gefangenschaft wie verrückt vermehrt. Es gibt jetzt in Europa mehr Axolotl in Aquarien als Axolotl in mexikanisch freier Wasserbahn. Unsere ehemalige Heimat ist nämlich Mexiko.
In Europa hat man nun aber Experimente mit uns angestellt. Man gab uns Thyroxine - das sind irgendwelche Schilddrüsenhormone. Diese bewirkten, dass wir die bisher ausgebliebene letzte Etappe nach dem Larvenstadium (also von der Kaulquappe zum Frosch) nachgeholt haben. Jawohl, das haben wir. Wir haben die Kiemen verloren und sind raus auf´s Land. Ich sage dazu nur: wun-der-bar.
Was hat das nun alles mit Martin Luthers Superleistung zu tun, dass er nämlich im Blick auf die Gnade immerzu so geschwätzig gewesen ist? Sehr viel. Es ist doch so. Ein gewöhnlicher Sapiens-Mann denkt, wenn er in der Schule das ABC und das 1:1 gelernt, ein paar Weiber flachgelegt, einen Apfelbaum gepflanzt, ein Häuschen gebaut, einen Sohn gezeugt hat und dann in irgendetwas der Beste gewesen ist, denkt er - dass es das nun war - und dass es darauf auch ankam. Stimmt aber nicht.
Es kommt darauf an, die Kiemen zu verlieren und draußen an's Land zu gelangen. So verhält es sich jedenfalls bei uns Axolotls. Was es für Euch Menschen ist, das müsst Ihr selber rausfinden. Der Luther hat jedenfalls behauptet, die Thyroxingabe für den Menschen bestünde darin, dass er täglich in der Heiligen Schrift liest. Dadurch gehen die tierischen Kiemen mit der Zeit weg und die geistige Lunge fängt an, sich immer mehr zu entfalten. Ich meine, er hat damit sicher gemeint, dass die Gnade der Heiligen Schrift den lesenden Geist in jene Regionen führt, in der auch die Seele ihre körperliche Angst verlieren wird. Wenn Ihr jetzt versteht, was ich damit meine, dann seid Ihr schon fast soweit.
Wenn Ihr von dem, was ich schreibe, nichts raffen konntet, seid Ihr noch richtige Kiemen-Atmer und tief drunten in der Bracksee. Ich aber für meinen Teil krieche schon immer mal kurz raus. Getröstet Euch, es ist ein mühseliger - aber schöner Weg. In beiden Fällen: Lest, Leute, lest. Ich sage nur: Biblisches Thyroxin - das tut gut.
Damit auch Ihr eines schönen Tages an´s rettende Land kommt. Erst dann geht es ja richtig los …
Axolotl - Eurer Ratgeber
________
alle Tierbriefe hier
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.