Neue Dauerausstellung
Spuren im Backstein
Ab 6. November: Neue Dauerausstellung im Kloster Jerichow widmet sich dem Erbe der Prämonstratenser
Von 1144 bis 1552 bestand das Prämonstratenser-Stift Jerichow. In einer neuen Dauerausstellung will das Kloster Jerichow sowohl das geistliche als auch das wirtschaftliche Wirken der Prämonstratenser-Chorherren zeigen. „Spuren im Backstein“ reiht sich als Korrespondenzausstellungen zur Schau „Mit Bibel und Spaten“ des Kulturhistorischen Museums Magdeburg ein. Das überregionale Ausstellungsprojekt, an dem in Zusammenarbeit mit dem Zentrum für Mittelalterausstellungen Magdeburg insgesamt zehn Prämonstratenser-Standorte in Sachsen-Anhalt, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen beteiligt sind, widmet sich dem 900-jährigen Jubiläum der Gründung des Prämonstratenser-Ordens.
Die Ausstellung in Jerichow im ehemaligen Dormitorium des Klosters ist ab Mitte November zu besichtigen.
Mit dem Zuzug der Chorherren aus dem Magdeburger Kloster Unser Lieben Frauen nach Jerichow entstand 1144 die erste Niederlassung der Prämonstratenser im Ortskern, der bereits 1149 der Beginn der Bautätigkeit an der heutigen Stelle des Klosters folgte. Nicht nur der geistlichen, sondern vor allem auch der wirtschaftlichen Entwicklung des Ortes gab die Stiftsgründung einen enormen Schub.
Die vom Land Sachsen-Anhalt geförderte neue Dauerausstellung im ehemaligen Dormitorium im Ost-Flügel der Klosteranlage taucht auf knapp 400 Quadratmetern ein in die Lebenswelt der Chorherren und stellt vor allem das regionale Wirken und die Bedeutung der Prämonstratenser in und um Jerichow in den Mittelpunkt. Einem Überblick über die politisch-geografischen Verhältnisse folgt der Themenschwerpunkt „Buch- und Schreibkunst“. Eines der Schmuckstücke der Ausstellung ist das Brandenburger Evangelistar ca. aus dem Jahr 1210, das als Faksimile die mittelalterliche Buchkunst der Prämonstratenser repräsentiert.
Ebenfalls hervorzuheben sind die Leihgaben eines Laienbruders aus Belgien. Frans Debonne, leidenschaftlicher Sammler aus Zwevegem stellt dem Kloster liturgische Bücher aus der Neuzeit zur Verfügung, die einen eindrucksvollen Einblick in die Entwicklung hin zum kunstvollen Buchdruck geben.
Medienstationen widmen sich der wirtschaftlichen Entwicklung - Tierhaltung, Felderbestellung und Selbstversorgung des Klosters sowie der baugeschichtlichen Entwicklung des Klosters.
Liturgische Geräte, die Kleidung (Habite) der Chorherren nebst einem verbildlichten Tagesablauf geben einen Eindruck vom geistlichen Alltagsleben der Chorherren im mittelalterlichen Kloster.
Flankiert wird die Schau von einem Überblick über die Hauptbauphase der Klosteranlage von 1149 bis 1250, bei der die Kunst des Backsteinbaus im Mittelpunkt steht.
Öffnungszeiten
April-Oktober, täglich 10.00 - 18.00 Uhr
November-März, Di - So & Feiertage 10.00 - 16.00 Uhr
Schließzeit: 24. Dezember bis 06. Januar
Kloster Jerichow
Hintergrund
Im Jahr 1144 bestätigt König Konrad III. die Gründung des Prämonstratenser-Stifts Jerichow aus Besitzungen der Grafen von Stade, stattet es mit Grundbesitz aus und unterstellt es juristisch dem Bistum Havelberg. Chorherren aus dem Kloster Unser Lieben Frauen in Magdeburg gründen die erste Niederlassung im Ortskern nahe der heutigen Stadtkirche. Doch durch den „Tumult des Markttreibens“ wird der Standort bereits 1148 an die heutige Stelle verlegt.
Im Laufe des 12. und 13. Jahrhundert entsteht nun die romanische Klosteranlage mit Basilika, Klausur, zahlreichen Wirtschaftsgebäuden und Umfassungsmauer. Im Zuge der Lutherischen Reformation erfolgt 1552 die Auflösung des Stifts. Aus dem sog. Klosteramt mit ca. 800 ha Grundbesitz entsteht 1680 die kurfürstlich-brandenburgische, ab 1701 königlich-preußische Domäne, die von Pächtern verwaltet und bewirtschaftet wird. Der Versuch einer Wiederbesetzung des Stifts durch die Prämonstratenser während des 30-jährigen Krieges scheitert, als 1631 schwedische und kaiserliche Truppen Stadt und Kloster verwüsten.
Mit dem Standortwechsel 1148 beginnt die Bautätigkeit zunächst mit der dreischiffigen, kreuzförmigen Basilika ohne Westtürme. Parallel dazu schreitet der Bau des Ostflügels der Klausur mit Kapitelsaal und Dormitorium voran. Um 1200 folgt der Einbau einer zweischiffigen Krypta im Ostteil der Kirche bei gleichzeitiger Verlängerung des Schiffes nach Westen und Errichtung der unteren Turmgeschosse. Auch das Winterrefektorium im Südflügel und der Westflügel der Klausur entstehen in diesem Zeitabschnitt. Erst gegen 1220 schließt sich der Innenhof mit Errichtung des Sommerrefektoriums und des Kreuzganges. Ab 1250 werden die Westtürme im gotischen Stil fortgeführt.
Die monumentale Klarheit und Zweckmäßigkeit der Architektur des 12. Jahrhunderts beeindruckt noch heute außen wie innen. Der großartige, durch den roten Backstein feierlich wirkende Innenraum der Kirche vermittelt ein einzigartiges Raumerlebnis romanischer Sakralarchitektur. Mächtige Rundpfeiler tragen die Arkaden des Mittelschiffes. Über der Krypta mit ihren reich gestalteten Kapitellen erhebt sich der Chorraum mit dem Hochaltar, einst nur den Chorherren des Stifts zugänglich. Auch in den Klausurräumen künden prächtige Kapitelle von der Meisterschaft mittelalterlicher Steinmetzkunst.
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