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Klekih-petras ...
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Karl May, der uns mit seinem Winnetou eine nach allen Seiten sorgfältig ausgebreitete und phantastische Parallelwelt vermacht hat, gilt als frommer Mann. In allen seinen Büchern bringt der Autor uns mit uns selbst ins Gespräch, indem er sich selber in verschiedene Personen aufteilt - und diese nach Nordamerika oder in den Orient versetzt, um dort mit Vertretern der jeweils indigenen Kultur um den Sinn des Lebens debattieren zu lassen. Den Glauben und alles, was sonst mit dazu gehört, immer wieder in ein Ranking zwischen den unterschiedlichen Religionsformen zu versetzen - genau das will Karl May. Am Ende jedoch lässt der beredte Sachse nur das Christliche als Siegerin aus dem Ring schreiten - als milde Siegerin. Winnetou stirbt im letzten Band der gleichnamigen Trilogie mit den Worten: "Winnetou ist ein Christ!"
Alles recht abenteuerlich zu lesen - wenn man es schafft dabei zu bleiben, denn vieles wiederholt sich - die Redundanz ist sehr gründlich bis ermüdend. Jedoch - der Leser findet in all der geheimnisvoll einiges Gutes bergenden Spreu manchen Diamanten und sieht erstaunt (oder fühlt innerhalb eigener Verdächtigungen sich erneut bestätigt), wie die "Probleme mit dem Glauben" eigentlich nur "Probleme mit der Kirche" und ihren Institutionen damals schon gewesen und bis heute geblieben sind. Die Frage stellt sich - wie notwendig ist die Kirche?
 
Das ist nicht leicht zu beantworten. In "Winnetous Erben"  lässt Karl May Old Shatterhands Gattin (genannt "Das Herzle")  sich einiger Verse erinnern, welche der aus Sachsen stammende Studienrat Klekih-petra (Weißer Vater - das alte Vierauge) aufschrieb, kurz bevor er nach misslungener achtundvierziger Revolution die westliche Zivilisation reumütig verlassen, sich auf einen Kahn nach Nordamerika eingeschifft hatte und ausgewandert war, um im Wilden Westen auf immer bei den Indianern zu leben:

Der Du lange mich begleitet
und bis gestern treu geleitet -
Dich, den alten Kirchenglauben,
konnt’ mir keiner jemals rauben.

Nun, da Du so grau geworden,
siehe, diesen goldnen Orden
hefte ich an Deine Brust.
Bitte mach dir heut bewusst:

Du musst andre Leute finden,
ewig sich an Dich zu binden.
Suche Dir als neue Braut
welche, die, wie ich vertraut,

Aber ich werd mich bemühen
um der Sterne Glanz und Glühen
ganz allein.  Du darfst verschenken
dich an andre - ohn’ Bedenken.

1. Mögen wir im Unterschied zu Karl Mays weisen Auswanderern der alten Kirche trotzdem immer treu und gewogen bleiben. Sind wir vielleicht selber die neue Braut, von der Karl May die Phantasiefigur des sächsichem Oberlehrers Klekih-petra dichten lässt? Manchmal ahnen wir - äußerlich sind zwar viele ausgewandert - aber inhaltlich ist mancher - Gott sei Dank - immer noch dabei ...

2. Gebt der Kirche Zeit. Sie hat es schwer. Sie ist alt, kommt nur langsam wieder auf die Beine, wenn sie durch Unachtsamkeit und eigene Torheit gefallen ist. Sie hat es schwer mit dem Schulterblick und ihr Rollator besitzt zu kleine Räder, um all die Unebenheiten, welche heutzutage mutwillig aufgeschüttet werden, zu überwinden, ohne dass sie sich dabei selber in große Gefahr begibt ...

Autor:

Matthias Schollmeyer

Webseite von Matthias Schollmeyer
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