Auch in der Provinz erklingt Bachs großartiges Werk
Gemeinschaftsprojekt: Die Matthäuspassion wird in Altenburg und Zeitz von 150 Sängerinnen und Sängern aufgeführt
Von Wolfgang Hesse
Für Philipp Göbel, Kantor in Altenburg, ist Johann Sebastian Bachs Matthäuspassion eines der Hauptwerke der protestantischen Kirchenmusik. Gemeinsam mit seinem Zeitzer Kollegen, Kreiskantor Clemens Bosselmann, hat er das Werk für das Jahr des Reformationsjubiläums ausgesucht. Von Anfang an als Gemeinschaftsprojekt geplant, bauen beide Kirchenmusiker auf eine sehr gute Zusammenarbeit in den letzten Jahren. Giacomo Puccinis »Messa di Gloria« wurde im vergangenen Jahr aufgeführt, und 2015 stand »Ein deutsches Requiem« von Johannes Brahms auf dem Plan, wobei sich Kantor Martin Hesse aus Gera an der Kooperation beteiligte.
Nach ihrer Uraufführung am 11. April 1727 in der Thomaskirche zu Leipzig bzw. nach Bachs Tod war die Matthäuspassion bald in Vergessenheit geraten. 100 Jahre später holte Felix Mendelssohn Bartholdy mit einer Wiederaufführung in einer gekürzten Version das Werk in die Kirchen zurück. Erst seit 1912 ist die Passion in der bis heute gültigen ungekürzten Fassung bekannt.
Bosselmann und Göbel können auf Erfahrungen zurückgreifen, haben sie doch gemeinsam mit der Kantorei Naumburg die Matthäuspassion bereits vor drei Jahren aufgeführt. Daran erinnert sich auch Annekatrin Salzmann aus Zeitz. Sie empfindet die Matthäuspassion als Einstimmung auf den Karfreitag, das Geschehen hin bis zum Ostersonntag, und freut sich, dass auch in der Provinz diese große Musik von Bach aufgeführt werden kann. »Ein wenig Aufregung ist immer dabei«, gesteht sie. »Inzwischen haben wir aber die Erfahrung gemacht, dass wir es mit unserem Kantor gut schaffen können.«
Die Kantoreien aus Zeitz und Altenburg werden den Chor I singen. Der Altenburger Motettenchor und der Kammerchor Zeitz sind für Chor II verantwortlich. Schüler des Christlichen Spalatin-Gymnasiums und die Jugendkantorei Zeitz singen »Christe, du Lamm Gottes« während des Eingangschores. Insgesamt stehen etwa 150 Sängerinnen und Sänger während der Aufführungen auf dem Chorpodest. Neben Proben in den jeweiligen Chören vervollständigten zwei Komplettproben im März die Vorbereitungen. Als Klangkörper konnte Philipp Göbel das Sächsische Barockorchester aus Leipzig gewinnen. Die Musiker spielen hauptsächlich auf historischen Instrumenten und sind spezialisiert auf Alte Musik.
Philipp Göbel war von der Matthäuspassion schon immer fasziniert. »In der Musik, den Arien und dem Passionstext finden sich alle Facetten menschlicher Regungen in der Kombination mit Leid und Trauer. Jeder Zuhörer kann sich in diesem Werk wiederfinden.« Alle, die sich auf die drei Stunden einlassen, werden reich beschenkt, meint der Kantor. »In den wunderbaren Chören, Chorälen, den kunstvollen Rezitativen und im Wechselspiel von verteilten Rollen kann der Zuhörer einen Zugang zum Karfreitagsgeschehen finden«, sagt Göbel. »Nach der Aufführung 2014«, so bestätigt er, »haben mir viele Besucher von einem ganz neuen Blick auf die Geschichte berichtet. Auffällig war, dass sie das Thema erstmalig an sich heranließen.«
Solisten in der Brüderkirche Altenburg sind: Wolfram Lattke (Evangelist), Daniel Blumenstein (Christus-Worte), Julia Kirchner (Sopran), Susanne Krumbiegel (Alt) und Cornelius Uhle (Bass). Die Gesamtleitung hat in Altenburg Philipp Göbel und in Alt-Tröglitz bei Zeitz Kantor Clemens Bosselmann.
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