zum Barbara-Tag am 4. Dezemember
Eine Heilige Barbara für die Gedächtniskapelle Ronneburg
Zirka 40 Jahre wurde bei Ronneburg (Kirchenkreis Altenburger Land) durch die sowjetisch-deutsche Aktiengesellschaft „Wismut“ Uran abgebaut. Seit 1990 saniert das Bundesunternehmen Wismut GmbH in den Bergbaufolgelandschaften vieler ehemaliger Uranstandorte Thüringens und Sachsens. Der Uranbergbau bestimmte das Leben einiger Generationen und bedeutete für die Menschen der Region gesundheitliche Belastungen durch Radioaktivität. Die „Wismut“ prägte dabei die Beschäftigten, die Bewohner und das gesamte Umland. Dabei wurden Leistungen von ihnen erbracht, an die wir uns, durchaus auch aus unterschiedlichen Blickwinkeln, erinnern wollen. In die Erinnerung einzubeziehen sind in jedem Fall die großflächigen Umwelt- und Landschaftszerstörungen Ostthüringens und Westsachsens.
Eine Kapelle um zu erinnern
Der „Verein Gedächtniskapelle Ronneburg e.V.“ hatte sich seit Jahren zum Ziel gestellt, an einem historisch sowie bis heute bedeutsamen Ort eine Kapelle zu errichten, die diesen Ansprüchen gerecht werden könnte: Ronneburgs Gessental. Dort existierten früher Ortsteile und Dörfer, die dem ehemals tiefsten Tagebau Europas weichen mussten. Unweit des Kapellenstandortes nahm auch der Uranabbau seinen Anfang. Heute befindet sich hier die „Neue Landschaft“ Ronneburgs, als Sinnbild einer umfassenden Sanierungsleistung zur Revitalisierung der Bergbauregion. Die Kapelle selbst wurde von 2012-2015 mit Spenden und Eigenleistung ohne jegliche Fördermittel errichtet. Diese reine Privatinitiative von engagierten Christen und Nichtchristen wurde am 20. August 2015 mit einer ökumenischen Weihe durch die Landesbischöfin der EKM Ilse Junkermann und Dekan Klaus Schreiter (St. Elisabeth Gera) gekrönt. Sie steht seit dem für nachhaltiges Gedächtnis an alle Menschen unserer Region, die die Folgen der radioaktiven Bergbauzeit zu tragen hatten und der Lebensleistung der vielen Bergleute, die dabei oft ihre Gesundheit und Lebenskraft eingebüßt haben.
Pilgerstätte und Ausflugsziel
Für die durch die beschriebene exponierte Lage und die hohe regionale Bekanntheit erfreulicherweise vielen Besucher stellt die Kapelle inzwischen tatsächlich ein Ort der Besinnung und des Gedenkens dar. Sie ist inzwischen zu einer kleinen Pilgerstätte und zum Zielpunkt für Wanderungen und Ausflüge im wieder schönen Gessental geworden. Viele Einträge in das Besucherbuch bringen Freude und Dankbarkeit zum Ausdruck. Gottesdienste, Andachten und Ausstellungen finden statt. Kleine weltliche oder religiöse Veranstaltungen und Treffen sind erstaunlicherweise in und an diesem kleinen Bauwerk fast wöchentlich zu verzeichnen.
Schnitzfigur der Heiligen Barbara
Ein Höhepunkt der Arbeit des Vereins „Gedächtniskapelle Ronneburg“ in diesem Jahr ist die Ausgestaltung der Kapelle mit einer Figur der Heiligen Barbara – Schutzpatronin der Bergleute. Hier wurden berufstypische und auch örtliche Merkmale in die Darstellung eingearbeitet. Die künstlerische Gestaltung lag in den Händen des Holzbildhauers Michael Rössel-Rothe aus Lauter-Bernsbach /Erzgebirge.
Schutzpatronin der Bergleute
Welche Verbindung besteht zwischen Barbar und den Bergleuten? Die recht vielseitigen Interpretationen des legendären Lebensablaufes billigen u.a. Barbaras gelungener Flucht aus dem väterlichen (Wohn)Turm-Gefängnis ein Höhlenversteck zu, das sie durch eine sich in letzter Minute öffnenden Felsspalte erreichen konnte. Kern der Barbara-Legende ist, dass sie, wie viele Opfer in der Zeit der Christenverfolgung, den Märtyrertod wegen der Beibehaltung ihres christlichen Glaubens erleiden musste. Bilder und Figuren in den Kirchen schmücken die Barbara wie auch andere Schutzpatrone mit verschiedenen Symbolen, die sich auf jeweilige legendenhafte Episoden, Begebenheiten oder Lebensschwerpunkte bezogen. Zeitliche Änderungen, aber sicher auch passende Wunschvorstellungen im Brauchtum bestimmten letztlich die konkrete Gestaltung. Zum Beispiel war vor der Einführung der Weihnachtsbäume der Schmuck mit blühenden Kirsch- oder Apfelzweigen zur Weihnachtszeit verbreitet. Für die rechtzeitige Blüte mussten die Zweige um den katholischen Gedenktag der Heiligen Barbara am 4. Dezember herum geschnitten werden. So kam es zur Einbürgerung des Begriffs Barbarazweige. Um den Gedenktag herum erhielten die Knappen des Bergbaus ihr Geleucht für untertage, woraus das Barbaralicht wurde. Glück gehörte schon immer zur Bergmannsarbeit. Das plötzliche Glück von Barbaras Felsöffnung sollte auch die Bergleute begleiten. Nicht nur zur gesunden Auffahrt, auch zum Gelingen der Arbeit und dem Finden der erhofften Bodenschätze. Aus der Anrufung des Glücks der Heiligen bildete sich das gebräuchliche „Glück auf“.
Frank Lange
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