Fälschung am Portal
Anzeige nach kirchenfeindlichen und antiislamischen Aushängen gestellt
Von Doreen Jonas
Von Sandau über Stendal bis Berge bei Gardelegen – an etlichen Kirchentüren von der Altmark über den Elbe-Havel-Winkel bis ins Brandenburgische wurden, vermutlich in der Nacht zum Reformationstag, Zettel angetackert. Auf den ersten Blick sehen sie wie offizielle Mitteilungen aus. Beim näheren Hinsehen entpuppen sie sich als perfide Fälschung. Mit Verweis auf eine angebliche Kirchenaktion mit dem Titel »Mehr Offenheit und Toleranz gegenüber muslimischen Mitbürgern« wird da verkündet, die Kirche bleibe ab sofort geschlossen. Gottesdienste würden ausgesetzt werden. Unterzeichnet wurde das Ganze mit: der Vorstand.
»Wir distanzieren uns von dieser Aktion«, sagt Dorit Lau-Stöber, Pfarrerin und im Kirchenkreis Stendal für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig. Diese Schreiben seien schlichtweg Betrug und stünden mitnichten für Offenheit und Toleranz. Für ihren Kirchenkreis ist die Lage klar: Das Ganze ist eine Verletzung amtlicher Bekanntmachungen –
und damit strafrechtlich verfolgbar.
Der Polizei in Stendal liegen dahingehend inzwischen etliche Anzeigen aus Kirchengemeinden vor. Auch Pfarrerin Lau-Stöber ist über die flächendeckende Aktion überrascht. An Spekulationen, wer dahinter stehen könnte, will sie sich nicht beteiligen und setzt auf die Arbeit der Ermittler.
Auch an der Klosterkirche Jerichow hing am Reformationstag solch ein Blatt. Pfarrerin Friederike Bracht hatte gerade ihren Gottesdienst mit gut 100 Besuchern beendet, da wurde ihr das Schreiben gebracht. Angepinnt war es an der ersten Tür der großen Kirche, neben den anderen Bekanntmachungen. Im ersten Moment habe sie das Ganze gar nicht ernst genommen. Erst bei einem Treffen mit anderen Pfarrern aus dem Elbe-Havel-Winkel am nächsten Tag wurde klar: Dieser »Anschlag« war kein Einzelfall. Wie ihre Kollegen auch, hat die junge Pfarrerin Anzeige gestellt. »Wir lassen uns doch nicht instrumentalisieren. Das geht gegen uns, gegen unsere Werte«, sagt sie. Bracht hat mit ihren Gemeindekirchenräten gesprochen und setzt auf Kommunikation. Es ist fast eine Art des Mobilmachens, mit der sie Achtsamkeit erzeugen will: »Schaut, ob so etwas noch mal passiert.« Paroli bieten will sie dem oder den Urhebern des gefälschten Kirchenschreibens: »Das Ganze widerspricht unserer Grundbotschaft.«
Die Landeskirche prüft, inwieweit juristisch gegen diese Blätter vorgegangen werden kann, sagte EKM-Pressesprecher Friedemann Kahl. Für ihn ist die Anzeige eher symbolischer Natur. Eine genaue Zahl der betroffenen Kirchen sei nicht bekannt. Aber eine derartige flächendeckende Aktion, die sich gezielt gegen einzelne Kirchen richtet, habe es bislang noch nicht gegeben.
Die Staatsanwaltschaft sieht nach Angaben der Polizeidirektion Nord vorläufig keine strafrechtliche Relevanz. Allerdings würden Ermittlungen wegen Sachbeschädigungen laufen.
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