Wartburg und Frauenkirche im Wohnzimmer
Filigranes Hobby: Dieter Fallgatter hat sich dem architektonischen Modellbau verschrieben
Von Ilka Jost
Wer Dieter Fallgatter in Löbichau einen Besuch abstattet, wird auf eine außergewöhnliche Reise mitgenommen. Den Gast erwartet ein Kulturtrip durch Europa, der direkt hinter der Haustür beginnt. Der Weg ins Wohnzimmer führt von der Tower Bridge London über die Prager Karlsbrücke zum Wiener Stephansdom und zu Goethes Gartenhaus. In der »guten Stube« geht’s zur Wartburg, zur Dresdener Frauenkirche, zu Notre-Dame in Paris und zum Tempel von Jerusalem zu König Herodes’ Zeiten.
Das sind nur einige Attraktionen, mit denen der 69-Jährige aufwarten kann. Er hat sich dem architektonischen Modellbau verschrieben. Seine Werke konnten schon in vielen Ausstellungen bewundert werden. Über 500 Miniaturen hat er in 25 Jahren geschaffen, aus dünnem, papierartigem Karton. Die Maßstäbe reichen von 1:1000 bis 1:10. Neben Lineal, Schere, Cuttermesser und Leim braucht er vor allem Ausdauer, eine ruhige Hand und natürlich die »Baupläne«.
»Früher war es schwer, Modellbögen zu bekommen und ich habe diese vorwiegend aus Tschechien bezogen. Inzwischen bieten immer mehr Verlage, aber auch Tourist-Informationen und Museen die Bögen regionaler Bauwerke wie dem Erfurter Dom und der Severikirche an«, berichtet der Bauingenieur. Bis zum Eintritt ins Rentenalter war er im Bereich Hochbau des Landratsamts Greiz tätig. Seine Leidenschaft kommt also nicht von ungefähr.
Bis eine Miniatur vollendet ist, heißt es schneiden, falzen, kleben. Manche Modelle bestehen aus 500 bis 1 000 Einzelteilen, mitunter nur wenige Millimeter groß, wie Schmuckornamente oder Turmspitzen. Der Zeitaufwand fällt deshalb sehr unterschiedlich aus. »Für die Frauenkirche habe ich über 100 Stunden gebraucht«, schätzt Fallgatter.
Als Christ liegen ihm die Sakralbauten besonders am Herzen. Durch seine langjährige ehrenamtliche Arbeit als Lektor und Vorsitzender der Kreissynode kennt er viele Kirchen im Altenburger Land. Von seiner Heimatkirche Großstechau oder anderen Dorfkirchen besitzt er jedoch keine Modelle. Zu aufwendig wäre die für das Aufmaß und die Erstellung der Bögen erforderliche Vorarbeit.
Momentan arbeitet Dieter Fallgatter an einem besonderen Projekt. Zum Reformationsjubiläum plant das Heinrich-Schütz-Haus Bad Köstritz eine Sonderausstellung. Die Zusammenarbeit mit dem Museum besteht seit Jahren, und auch dieses Mal will der Löbichauer einige Exponate beisteuern. Die Wittenberger Schlosskirche und das Martin-Luther-Denkmal sind gerade fertiggeworden. Ein neues Modell der Wartburg und der Dom zu Speyer sollen folgen.
Wer in Sachen Hobby reinschnuppern möchte, bekommt gern etwas Schützenhilfe vom erfahrenen Modellbauer. »Mein Enkel hat es probiert, ist aber nicht dabeigeblieben. Einmal habe ich zu einer Rüstzeit mit Jugendlichen gebastelt. Die meisten haben schon nach kurzer Zeit aufgegeben, weil es ihnen an Geduld fehlte.«
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