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50 Jahre Zwischenstopp in Apolda

Im hohen Alter noch kein bisschen müde: Margarete Schilling am Brunnen des Glockenstadtmuseums in Apolda. | Foto: Doris Weilandt
  • Im hohen Alter noch kein bisschen müde: Margarete Schilling am Brunnen des Glockenstadtmuseums in Apolda.
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Glocken bestimmen seit mehr als 50 Jahren das Leben von Margarete Schilling. An Ruhestand ist bei der 85-Jährigen noch lange nicht zu denken.

Von Doris Weilandt

Ein heller Ton erklingt am Brunnen vor dem Apoldaer Glockenstadtmuseum. Die darüber hängende Glocke ist eine Attraktion für die Besucher der Landesgartenschau. Immer wieder wird sie angeschlagen. Gestiftet hat sie Margarete Schilling, als sie
2016 zur Brunnenmeisterin ernannt wurde. Glocken bestimmen seit mehr als 50 Jahren das Leben der mit vielen Talenten beschenkten Expertin. In diesen Tagen feiert sie ihren 85. Geburtstag. Das Alter ist an ihr vorbeigegangen, wie sie selbst sagt. Zeit hat sie kaum. Nach wie vor ist sie täglich in Sachen Glocken unterwegs, beantwortet Mails aus aller Welt. »Ich werde viel eingeladen und zu Glocken befragt, die meine Vorfahren gemacht haben«, erzählt Margarete Schilling. Mit den Vorfahren ist die Glockengießerdynastie Schilling gemeint, die im Verlauf der Firmengeschichte Tausende von Glocken für Kirchtürme und Mahnmale rund um den Globus gegossen hat. Durch Heirat mit Franz Peter Schilling kam sie zum Unternehmen. Ihre Autobiografie ist ironisch mit »50 Jahre Zwischenstopp in Apolda« überschrieben. 60 Jahre würde sie gern erreichen.
Margarete Schilling übernahm 1970 zusammen mit ihrem Mann die Glockengießerei. Nach der Zwangsverstaatlichung des Betriebes begann das Paar 1976 freiberuflich zu arbeiten. Sie projektierten Glocken und Carillons, darunter auch das Glockenspiel im Französischen Dom in Berlin mit 60 Glocken, das in Pößneck gegossen wurde. Das klangschönste Carillon befindet sich im Turm der Bartholomäuskirche in Erfurt, findet die Expertin. »Das älteste Glockenspiel von uns gibt es in Lößnitz im Erzgebirge. Mein Schwiegervater und die Stadt haben es im Zweiten Weltkrieg unter großer Mühe vor dem Einschmelzen gerettet.« Jetzt ist es das älteste noch original erhaltene Glockenspiel in Deutschland. Anlässlich eines Kirchenjubiläums wird im August ein kanadischer Carillonneur ein Konzert geben. Margarete Schilling ist selbstverständlich dabei. »Um ein Glockenspiel zu entwerfen, braucht es genaue Kenntnis der Teiltöne«, erklärt sie. Jede Glocke hat mehrere Teiltöne, die miteinander harmonieren müssen. Die Expertin lächelt: »Wir hatten damals noch keine Computer und haben uns ganz auf unser Gehör verlassen.« Für ihre Werke wird sie von Kennern sehr geschätzt. Aus Hochachtung vor ihrer Lebensleistung widmeten ihr zahlreiche Komponisten Musikstücke.
Jetzt ist sie stolz: Sie hat es geschafft, dass das Glockenstadtmuseum, die ehemalige Glockengießerei, die Schilling-Villa und das Stadthaus mit Glockenspiel (alles Apolda) in die Straße der Musik aufgenommen wurden. Zu diesem Verein gehören bedeutende Orte der mitteldeutschen Musikgeschichte. Um die Villa kümmert sich die rührige Schilling-Nachfahrin mit Hingabe. Das denkmalgeschützte Ensemble erbaute das Dresdner Büro Schilling und Graebner 1904 im Stil der Reformarchitektur. »Der Erhalt des Denkmals und des Parks ist meine Hauptaufgabe«, erklärt Margarete Schilling. Gerade schreibt sie an einem Buch über den Park. Es soll in Kürze erscheinen. Daneben hat sie viele Bücher über Glocken und Glockenspiele verfasst und zu eigenen Ausstellungen geschrieben. Überhaupt – die Kunst: Die Glockenexpertin und Autorin bedauert, dass ihre künstlerische Arbeit immer zu kurz kommt. Bei dem Weimarer Maler Horst Jährling hat sie Unterricht genommen. Die Schillings hatten ihn als Gestalter für den Glockenschmuck mit zahlreichen Aufgaben betraut. Von ihm stammt beispielsweise die Schrift auf der 1976 gegossenen Glocke zum 150-jährigen Jubiläum der Firma für das Rathaus in Apolda. Margarete Schilling ist froh, dass sie mit ihm zusammengearbeitet hat.
Urlaub findet sie langweilig. Die Expertin ist durch die ganze Welt gereist, um Glocken anzuschauen und zu begutachten. Unterwegs hat sie viele Kirch- und Glockentürme fotografiert. Im letzten Jahr konnte sie in Zürich eine Ausstellung zu Schilling-Glocken vorstellen. In der Schweiz gibt es sehr viele Apoldaer Glocken, die nicht zerstört worden sind. »Ich habe noch unglaublich viel aufzuarbeiten«, sagt sie und verabschiedet sich.

Autor:

Kirchenzeitungsredaktion EKM Nord

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