»Sixtina des Nordens«
30 Jahre Panorama in Bad Frankenhausen
Von Dirk Löhr
Die DDR-Führung wollte sozialistischen, bekommen hat sie magischen Realismus. Tübkes riesiges Gemälde auf dem Nordthüringer Schlachtberg, ein Welttheater mit mehr als 3 000 Figuren, hat auch nach drei Jahrzehnten nichts von seiner Kraft verloren. »Ich habe keine Gefühle mehr. Es hat sich ausgefühlt.« Als der Maler Werner Tübke (1929–2004) am 16. Oktober 1987 sein Werk signiert, ist er gesundheitlich angeschlagen. Über zehn Jahre lang hat er fast Tag für Tag am Bauernkriegspanorama gearbeitet, unterstützt von Schülern und Kollegen. Entstanden ist das größte Gemälde Mitteleuropas, auf mehr als 1 700 Quadratmetern. Ein Auftragswerk der DDR-Oberen, das ein eigenes Haus braucht: Das Panorama Museum Bad Frankenhausen.
Im Mai 1525 tobt hier die finale Schlacht des Bauernkrieges. Es ist ein Gemetzel. Etwa 6 000 Aufrührer, meist einfache Leute, oft nur mit Sensen und Mistgabeln als Waffe, werden vom Heer der Fürsten niedergemacht. Ihren Anführer Thomas Müntzer bringen die Sieger erst ins nahe Mühlhausen und gemeinsam mit vielen Leidensgenossen nach grausamer Folter wenig später um.
Die DDR, nach eigenem Verständnis ein Staat der Arbeiter und Bauern, sieht sich in der Tradition der Gemeuchelten. Zur Erinnerung an das Morden – wie an die eigene Herkunft – wird ein Museum geplant. Doch ein Maler fehlte zunächst. Letztlich erklärte sich Werner Tübke bereit. Die riesigen Ausmaße der Leinwand – 123 mal 14 Meter – schrecken ihn nicht.
Das Ergebnis hat auch nach drei Jahrzehnten nichts von seiner Kraft verloren. Als »Welttheater« bezeichnen es die Kritiker, in Anspielung auf die Sixtinische Kapelle in Rom gar als »Sixtina des Nordens«. 70 000 Besucher kamen zuletzt jährlich auf den Schlachtberg. Dieses Jahr werden es, wohl auch wegen des 500. Reformationsjubiläums, wieder ein paar mehr sein. (epd)
Autor:Adrienne Uebbing |
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