Anhalter Kreuz
Musikalische Rubinhochzeit
Es war ein Konzert der Lehrergewerkschaft »Unterricht und Erziehung« vor 41 Jahren in Leipzig, das ihr Leben für immer verändern sollte. Er, 20 Jahre, spielte Bratsche, sie, 16 Jahre, Flöte. Sie begegneten sich, spürten Sympathie füreinander, daraus wurde echte menschliche Zuneigung und Liebe. Drei Jahre später heirateten sie. Noch heute sprechen Annegret und Wolf-Jürgen Gander mit einem Strahlen im Gesicht über das Konzert vor vier Jahrzehnten. Da haben sich zwei gefunden, die nicht alle Geheimnisse einer guten und langlebigen Beziehung preisgeben wollen, aber bestätigen, dass es da mit der Musik diesen roten Faden gibt, der auch zusammenhält, was zusammengehört.
Für ihr ehrenamtliches musikalisches Engagement in der Dessauer Innenstadtgemeinde St. Johannis und St. Marien und darüber hinaus ist das Ehepaar im vergangenen Herbst mit dem Anhalter Kreuz, dem Dankzeichen der Evangelischen Landeskirche Anhalts, ausgezeichnet worden. »War das jetzt schon die Auszeichnung fürs Lebenswerk?«, fragt Wolf-Jürgen Gander mit einem Zwinkern im Auge. Immerhin ist er vor kurzem 60 Jahre alt geworden, seine Frau Annegret ist 56. Auf ihren Lorbeeren wollen sich die beiden deshalb noch lange nicht ausruhen. Schließlich haben sie noch genug Energie, um mit ihrem musikalischen Engagement das Publikum glücklich zu machen. Im Chor ihrer Gemeinde, im übergemeindlichen Dessauer Vokalkreis, wo A-Cappella im Vordergrund steht, und in der Dessauer Kantorei singt das Ehepaar regelmäßig. Mit einem anderen Ehepaar, Claudia und Guido Ruhland, stehen Annegret und Wolf-Jürgen Gander als Ensemble »Broken Consort Dessau« regelmäßig auf der Bühne. Instrumentalmusik, hauptsächlich aus der Renaissance- und Barockzeit, spielt das Quartett seit rund 25 Jahren. Diverse CD-Aufnahmen sowie zahlreiche Auftritte in Kirchen in der Region rund um Dessau stehen ebenfalls in der Biographie von »Broken Consort Dessau«.
In den traditionellen Christmetten, die zu vorgerückter Stunde am Heiligabend in der Dessauer Johanniskirche die Besucher in besonders heimeliger Atmosphäre auf das Weihnachtsfest einstimmen, ist das Quartett auch kaum noch wegzudenken. Annegret Gander spielt zusätzlich regelmäßig in der Johanniskirche und anderen Kirchen in der Region Dessau ehrenamtlich Orgel.
Musik hat für das Ehepaar schon vor der gemeinsamen Beziehung eine wichtige Rolle gespielt. Wolf-Jürgen Gander wurde in Dessau geboren, zog aber mit seiner Familie im Kindesalter Richtung Süden. In der Bachstadt Leipzig und der Händelstadt Halle wächst er auf. In jungen Jahren lernt er verschiedene Instrumente, unter anderem Blockflöte, Orgel und Bratsche. Für die Bratsche erwirbt der gebürtige Dessauer ein Diplom an der Leipziger Musikhochschule. Nach dem Abschluss zieht er mit seiner Frau nach Stralsund und sammelt am dortigen Theater erste Orchestererfahrung. Doch 1982 ruft die Heimat. Wolf-Jürgen Gander wird Bratschist der Anhaltischen Philharmonie. Bis heute ist er dem Orchester des Anhaltischen Theaters in Dessau treu. Seit 30 Jahren bringt der Berufsmusiker zusätzlich dem musikalischen Nachwuchs an der Dessauer Musikschule »Kurt Weill« die Kunst des Blockflötenspiels näher. Seine Frau Annegret beherrscht ebenfalls mehrere Instrumente, zum Beispiel Orgel und Flöte.
Doch für sie ist Musik ein Hobby. Als Kinderkrankenschwester arbeitet sie seit Jahrzehnten am städtischen Klinikum Dessau. Nach Feierabend gibt aber die Musik den Ton an. »Das ist ein guter Ausgleich zum Beruf«, sagt sie. Ihr Mann stimmt zu. Dabei ist die Musik doch sein Beruf. »Ehrenamtlich ist das noch einmal was anderes. Da kann man tatsächlich, auch wenn es sich um Musik handelt, abschalten«, erzählt Wolf-Jürgen Gander.
Er hört seiner Frau so oft wie möglich beim Orgelspiel zu. Dabei ist er dann ein wohlwollender Kritiker. »Gutes kann man immer noch ein bisschen besser machen«, ist seine Devise. Annegret Gander nickt. Auf Augenhöhe und voller Respekt erzählen sie vom jeweiligen musikalischen Schaffen des anderen. Von Überlegenheit des Berufsmusikers gegenüber der Hobbymusikerin fehlt jede Spur. »Sie spielt viel besser Orgel als ich«, sagt Wolf-Jürgen Gander ganz ohne Umschweife. Deshalb gönnt er ihr die Aufmerksamkeit, die sie vom Publikum für ihr Spiel bekommt. Auch nach Jahrzehnten ergänzen sie sich perfekt. Es herrscht Harmonie im Hause Gander, nicht nur im musikalischen Schaffen. Das beflügelt, die verschiedenen musikalischen Projekte noch so lange wie möglich zu bestreiten.Danny Gitter
Autor:Online-Redaktion |
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