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Die Bibel als Betthupferl

Vertraute Gewohnheit: Die Bibel im Hotelzimmer-Nachttisch | Foto: VV Voennyy/fotolia;  Fotomontage: GKZ
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Im oder auf dem Nachttisch: Seit über 100 Jahren sorgen Mitglieder des christlichen Gideonbundes für die Ausstattung von Hotels und anderen Einrichtungen mit Bibeln. Doch die Nachfrage nach kostenlosen Exemplaren sinkt.

Von Mirjam Petermann

Oft fällt sie erst auf, wenn sie nicht mehr da ist: die Hotelbibel. Das kleine handliche Buch, entweder diskret im Nachttisch hinterlegt oder offensichtlich obendrauf. Wie häufig sie tatsächlich in die Hand genommen oder gar gelesen wird, ist nicht nachvollziehbar, aber klar war bisher in der Regel: Bevor der Gast sein Hotelzimmer betritt, ist sie schon da. Verlässlich.
Viele dieser Bibeln tragen das Logo mit der Flamme auf einem Krug – das Erkennungszeichen des Gideonbundes. Er gilt deutschlandweit als Hauptverteiler kostenloser Bibeln, nicht nur in Hotels. Im Juli teilte das Missionswerk aus dem hessischen Wetzlar mit, dass der Bedarf von Hotels an Bibeln sinke. Deutschlandweit sei die Zahl von 48 000 angeforderten Exemplaren im Jahr 2006 auf 26 000 im Jahr 2016 gesunken.
»Ich denke, dass eine erhöhte Sensibilität für ›Political Correctness‹ und Religionsvielfalt ihren Anteil daran hat, dass viele Hotels religiöse Schriften nur noch auf Nachfrage an der Rezeption bereithalten«, sagte Markus Luthe, Hauptgeschäftsführer des Hotelverbands Deutschland (IHA) bereits im Dezember des vergangenen Jahres. Dem stimmt auch Fabian Neumann, Sprecher der Gideons in Deutschland zu und ergänzt: »Zudem haben wir auch einen gewissen Sättigungsgrad erreicht, was die Auslage anbelangt.«
Wie die Situation konkret in den Hotels aussieht ist schwer zu erfassen. Der weltweit agierende Verband der AccorHotels, zu dem unter anderem Ibis, Mercure, Novotel und Sofitel gehören, habe sich dazu entschieden, »sich in religiösen Fragen neutral zu verhalten«. In den stichprobenartig angefragten Hotels in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen sind keine Bibeln oder andere religiöse Schriften mehr vorhanden.
Weniger einheitlich ist die Regelung in den Häusern der Steigenberger Hotels. Es sei »seit 2015 nicht mehr Standard, eine Bibel oder einen Koran in die Zimmer zu legen«, teilte eine Unternehmenssprecherin mit. Für neu eröffnete oder übernommene Hotels werden keine Bibeln mehr angeschafft. In älteren Betrieben können sie jedoch weiterhin verfügbar sein.
Das sind sie in mitteldeutschen Hotels sehr zuverlässig, wie die Nachfrage ergab. Gleiches gilt auch für die zu Best Western und Radisson Blu gehörenden Gästehäuser. Die meisten stellen nur das Neue Testament zur Verfügung, ein sächsisches Hotel bietet zusätzlich das Buch Mormon an. In drei Hotels ist neben dem Neuen Testament auch eine buddhistische Schrift hinterlegt. Lediglich ein Leipziger Hotel hält religiöse Schriften nur auf Nachfrage bereit und verfügt als einziges von rund zwanzig befragten mitteldeutschen Hotels auch über den Koran.
Sollte Gästen das Fehlen einer Bibel im Hotelzimmer auffallen, empfiehlt der Sprecher des Gideonbundes Fabian Neumann, direkt die Leitung des Hauses anzusprechen. »Wir hatten daraufhin schon Anfragen von Hotelgesellschaften, die dann zumindest für das besagte Hotel Bibeln haben wollten«, erklärt er.
Dass die Bibel flächendeckend in Hotels Einzug gehalten hat, geht auf die Erfahrung dreier christlicher Geschäftsmänner Ende des 19. Jahrhunderts in Amerika zurück. Wegen Überfüllung musste sich John H. Nicholson wiederholt ein Hotelzimmer mit anderen Männern teilen. Beide Bekanntschaften waren auch Christen. Mit ihnen gründete Nicholson im Mai 1899 eine Vereinigung christlicher Handelsreisender. Sie entwickelten die Idee, am Empfang eines jeden Hotels eine Bibel auszulegen.
1956 kam ein Abgesandter der Gideons nach Deutschland. Die ersten Gruppen der Organisation entstanden in Berlin und Frankfurt, zwei Jahre später wurde der Gideonbund als Verein eingetragen. Aktuell hat der Gideonbund über 4 700 Mitglieder in Deutschland. 2016 wurden durch sie über 742 000 Bibeln weitergegeben.
Obwohl die Zahl physisch greifbarer Bibeln in Hotels zurückgeht, könnten sie als App auf E-Book-Lesegeräten wieder vermehrt Einzug halten. Tatsächlich gibt es schon Hotels, die ihre Gästemappe digital auf einem Tablet zur Verfügung stellen. Ein Hotel in Newcastle stattete bereits 2012 seine Hotelzimmer mit eBook-Readern aus, auf dem das Alte und Neue Testament vorinstalliert ist.
In Ergänzung zum »physischen Angebot« bietet inzwischen auch der Gideonbund mit der »Gideon-Bible-App« einen digitalen Zugang zur Bibel. Es gibt sie kostenlos in den App-Stores.

8 http://gideons.de

Vertraute Gewohnheit: Die Bibel im Hotelzimmer-Nachttisch | Foto: VV Voennyy/fotolia;  Fotomontage: GKZ
Die Zukunft? Gähnende Leere im Hotelzimmer-
Nachttisch | Foto: VV Voennyy/fotolia;  Fotomontage: GKZ
Autor:

Kirchenzeitungsredaktion EKM Süd

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