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Zum 21. Juli 2024
Bauleute des Glücks

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Wandelt als Kinder des Lichts; die Frucht des Lichts ist lauter Güte und Gerechtigkeit und Wahrheit. Epheser 5, Verse 8b.9

Von Laura-Christin Krannich

Im Brief an die Gemeinde in Ephesus findet sich einer der verlockendsten Imperative der biblischen Briefliteratur. Zugegebenermaßen ermüde ich oft, wenn ich die langen Ermahnungslisten lese, die sie prägen. Es ist kein inhaltlicher Widerspruch, aber die direktiven Breitseiten lassen mich vor allem denken, dass ich ohnehin an ihnen scheitern werde, und das finde ich nicht besonders motivierend. Anders der Epheserbrief: Wandelt, lebt als Kinder des Lichts!
»Kinder des Lichts« – das ist eine alte Selbstbezeichnung christlicher Menschen. Was auf den ersten Blick selbstherrlich erscheinen mag, ist es nicht, denn das Licht kommt nicht aus den Christen selbst, sondern von Christus. Er macht die, die an ihn glauben, zu lichten Wesen.
Ich denke darüber nach, wann meine Augen zu leuchten beginnen: Wenn ich nach langer Zeit wieder am Meer stehe und mich nicht sattsehen kann. Wenn ich etwas erlebe, das so schön ist, dass ich es unbedingt mit jemandem teilen muss. Und vor allem, wenn ich Menschen sehe, die mir viel bedeuten. Zum Leuchten bringt, was glücklich macht.
Für Dorothee Sölle hat Glück eine theologische Bedeutung. Besonders in ihren Gedichten spürt sie ihm nach und erzählt von goldenen Momenten des Staunens und der intensiven Wahrnehmung, die im Alltag aufblitzen und den Schleier der Trivialität zerreißen. Sie machen empfänglich für die geheimnisvolle Gegenwart Gottes.
Die Erfahrung von Glück hat laut Sölle auch eine aktive Dimension. Das größte Glück liege für den Menschen in der Erfahrung, gebraucht zu sein, also: zu erfahren, dass man in die Beziehungen mit anderen etwas Wertvolles einbringt. Und die tiefste menschliche Glückserfahrung sei, dass Gott uns braucht für Gottes Reich. An diesem Reich mitzubauen, soll unser tägliches Handeln bestimmen. Nicht indem wir Befehle befolgen, sondern indem wir leidenschaftlich und überzeugt auf eine gerechtere und glücklichere Welt hinwirken. Sölle nennt Christen deshalb auch »Bauleute des Glücks«.
Wir sind nicht dazu bestimmt, apathische, gehorsame und hoffnungslose Wesen zu sein, sondern als Kinder des Lichts zu leben – als glückliche, gebrauchte, leuchtende Menschen. Das lasse ich mir gern sagen. 

Die Autorin ist Pfarrerin  in Lutherstadt Eisleben.

Laura-Christin Krannich, Pfarrerin in Eisleben | Foto: L. Krannich
Autor:

Online-Redaktion

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