Ökumenische Akademie: Hans Mikosch gibt Tipps für den (Un-)Ruhestand
Altwerden ist nichts für Feiglinge
Von Elke Lier
Der Mensch ist nicht für Zwecke da. Die Gnade, leben zu dürfen, ohne sich rechtfertigen zu müssen ohne Taten, Titel und Verwendungsnachweis – das ist Humanität!“ Eindringlich erinnerte Gastredner Hans Mikosch seine Zuhörer daran, diese Tatsache nicht zu vergessen, wenn man im Alter mit nachlassender Kraft und labiler Gesundheit konfrontiert werde. „Altwerden ist nichts für Feiglinge“ – Mikosch hob das gleichnamige Buch von Joachim Fuchsberger hoch und bemerkte, dass nur der Titel für diesen Gesprächsabend der ökumenischen Akademie in der Geraer Katholischen Kirche St. Elisabeth daraus entlehnt sei.
Der 71-Jährige, der zahlreiche hohe kirchliche Ämter in Thüringen innehatte, sei im Rentenalter von Landesbischöfin Ilse Junkermann gefragt worden, ob er nicht noch weitere vier Jahre im Dienste der Kirche arbeiten wolle. „Ich habe abgelehnt“, sagte er und verglich das Leben mit einem 100 Zentimeter langen Bandmaß und die Zentimeter mit den Lebensjahren. „Bei 60 oder 70 Jahren habe ich zwei Drittel meines Lebens hinter mir. Wie gut nutze ich die verbleibende Zeit?“ Diese Frage stand im Raum, und weitere ergaben sich daraus: „Wie schaffe ich unbeschadet den Übergang vom hektischen Berufsalltag in den Ruhestand? Wie erhalte ich mir Freunde, um später nicht allein zu sein? Wie gelingt es, in Würde zu altern?“
Der Abschied vom Berufsleben, so Hans Mikosch, gleiche einem menschlichen Zwischenzustand, wo man sein Leben völlig umorganisieren müsse, angefangen von der neuen Zweisamkeit mit dem Partner über das Fehlen vertrauter Berufskollegen bis zu der Erwartung an die Kinder, ständig bei den Eltern präsent zu sein. Jeder sei gut beraten, das spiegelte auch die anschließende Diskussion, sich im Hobby oder Ehrenamt neu zu beschäftigen und nicht nur eine materielle, sondern auch geistig-emotionale Altersvorsorge zu betreiben. „Freundschaften brauchen auch im Berufsstress Pflege, sonst ist man im Alter allein“, war man sich einig.
Der Umgang miteinander bedürfe mehr Herzensbildung, wies Hans Mikosch auf ein spürbares Defizit hin. Neben den materiellen Bedingungen oder selbstbestimmten, mündigen Entscheidungen für ein Altern in Würde gehöre zwischenmenschliche Solidarität dazu. Für viele ältere Menschen sei die ständige Wiederholung dessen, was man war und geleistet hat, ein letzter Versuch, sich des eigenen Wertes zu versichern. "Ich rate, im Jetzt und Heute ganz und gar beheimatet zu sein und in vollen Zügen zu leben“, sagte Mikosch und fügte hinzu: „Wir sind hoffentlich, weil wir Christen sind und auf einen gnädigen Gott zugehen, im Alter keine Feiglinge!“
Autor:Online-Redaktion |
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