Unterricht im Container
Nächste Etappe: Noch zeigt sich das Gelände in der Franz-Mehring-Straße in Gera wüst und unwirklich. Zerfallene Industriebauten, unsanierte Gebäude und unebene Wege erinnern rein gar nicht an eine Schule. Doch es sprießt Hoffnung auf dem Gelände.
Von Wolfgang Hesse
Mitten auf dem ehemaligen Schulhof einer Berufsschule stehen moderne Schulcontainer und davor wird eifrig gewerkelt. Es werden Versorgungsleitungen verlegt und ein abgestecktes Areal markiert den Platz, wo bald ein Holz-Pavillon entstehen wird.
»Für die Klassen 1 bis 3 genügten uns die Räumlichkeiten in der Evangelisch Freikirchlichen Gemeinde Gera, der G 26, in Gera. Doch mit Beginn des neues Schuljahres und der Schaffung einer vierten und fünften Klasse wird es dort leider zu klein«, beschreibt Nicole Scheffel-Türpisch, die Schulleiterin, die aktuelle Situation. »Es waren gute Jahre in der G26, wir haben uns hier gut aufgenommen gefühlt und gehen mit ein bisschen Wehmut.«
Mit dem ersten Schuljahr 2014/15 starteten 14 Schulanfänger an der christlichen Schule in Gera. Heute sind es 70 Schülerinnen und Schüler, die ab August in den Klassen 1 bis 5 lernen werden.
»Eigentlich wollten wir ab dem neuen Schuljahr in sanierte Schulräume einziehen, doch die Bausubstanz und die damit verbundenen Kosten sprachen dagegen«, sagt die Schulleiterin. »Unsere Hauptsponsoren die Friedhelm Loh Group und die Wertestarterstiftung haben uns eines Besseren belehrt. Ein Schulneubau ist allen Sanierungsarbeiten wirtschaftlich vorzuziehen.«
Etwa drei Jahre werden die »Schulpavillons«, wie die Schulleitung die neuen Räumlichkeiten liebevoll nennt, das Zuhause der Schüler sein. Ein Treppenmodul für eine mögliche Aufstockung zeigt, dass die Schule räumlich wachsen kann.
Helle Räume, ein breiter Gang und moderne Sanitäranlagen erinnern rein gar nicht an ein Provisorium. Auch Heizung und Computervernetzung sind vorhanden. »Anfangs zeigten sich die Eltern von der Containerschule wenig begeistert, doch wir konnten die Vorurteile mit der Vorstellung des großzügigen Raumkonzeptes und der Aussicht auf ein modernes Schulgebäude ausräumen«, erklärt Nicole Scheffel-Türpisch. Die Gymnasiallehrerin ist Gründungsmitglied im Förderverein und hat von Beginn an mitgeholfen, die Idee in die Wirklichkeit umzusetzen. Der Förderverein Christliche Schule ist seit dem Schulbeginn 2014/15 Träger der Einrichtung. In diesem Jahr soll diese Interimslösung durch die Überleitung in eine gGmbH beendet werden.
Nach drei erfolgreichen Unterrichtsjahren ist die Christliche Schule in Gera angekommen. Der Kirchenkreis Gera hat mit einer jährlichen Spende signifikant dazu beigetragen. Die große Nachfrage beweist, dass die christliche Ausrichtung der Schule in Gera gefragt ist. Auch die alternative Bildungsmethode, das Lernen mit sogenannten Lernleitern, wird begrüßt. Das bezeichnet das gemeinsame Lernen in unterschiedlichen Jahrgängen auf unterschiedlichem Niveau. »Wir können individuell auf die Begabungen eingehen und uns intensiver einzelnen Kindern widmen. Die Größeren helfen den Kleineren.« Eine Bewertung der Leistungen erfolgt einschließlich der 6. Klasse verbal, es wird auf Noten verzichtet. »Unsere Schüler erhalten unabhängig vom Elternhaus evangelischen Religionsunterricht. Wir leben das Kirchenjahr und vermitteln einen wertschätzenden Umgang miteinander. In unserer Schule und im Pädagogen-
Team leben wir die Ökumene«, beschreibt Nicole Scheffel-Türpisch die weltanschauliche Ausrichtung. Sofern die Eltern die christliche Ausrichtung der Schule akzeptieren, ist jedes Kind im Unterricht gern gesehen.
Mit dem neuen Schuljahr sind noch einige bürokratische Hürden zu überwinden, um eine Gleichstellung gegenüber anderen staatlichen Schulen zu erreichen. Nicole Scheffel-Türpisch ist zuversichtlich: »Auch das werden wir schaffen.«
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