Vorgestellt
Musikalische Tradition zur Ehre Gottes
Greiz-Caselwitz: Gemeindechor blickt auf über 120-jährige Historie zurück
Von Karsten Schaarschmidt
Jeden Montagabend erfüllt Gesang den Gemeindesaal des Pfarrhauses in Caselwitz, einem Ortsteil der ostthüringischen Kreisstadt Greiz. So auch an diesem Montag im April 2018. Hell und strahlend wie die vor dem Fenster in prachtvoller, sonnengelber Blüte stehende Forsythie bringen 15 Sängerinnen das Lied »Auf den Flügeln der Morgenröte« zum Leuchten. Exakt gibt Doreen Steudel Takt und Einsätze vor. Seit Februar 2014 dirigiert sie den Frauenchor, dessen Geschichte 120 Jahre zurückreicht. »Diese Tradition zu erhalten, aber auch gemeinsam mit den anderen zu singen, das motiviert mich«, sagt die Chorleiterin.
Im Jahr 1897 befand der Kirchenvorstand, dass zu den Aufgaben des Kantors die Leitung eines Kirchenchors gehört. Ostern des folgenden Jahres übernahm Frank Suhr die Stelle des ersten Lehrers in Caselwitz mit der Verpflichtung, den Kirchenchor im Ort zu führen. Seither wird die Chortradition von Generation zu Generation weitergegeben. »Momentan gehören dem Ensemble
20 Sängerinnen im Alter zwischen 17 und 85 Jahren an«, erzählt Doreen Steudel, die seit 25 Jahren Chormitglied ist. Neben ihr singen auch ihre Mutter und ihre Nichte mit.
Und so war es auch die Mutter von Heide Bartuschek, die ihre Tochter einst mit in den Chor nahm. Über 60 Jahre ist das mittlerweile her. Mit 85 Lebensjahren ist sie das älteste Chormitglied. »Der Chor bedeutet mir alles, es ist eine wunderbare Gemeinschaft«, sagt sie und denkt gern an die Jubiläen zurück, die sie miterleben und mitgestalten durfte. Für Doreen Steudel war die Hochzeit von Astrid Böhm-Solleder ein besonderer Gänsehautmoment, die selbst seit nunmehr über 33 Jahren im Chor mitwirkt. »Wir haben Felix Mendelssohn Bartholdys Motette ›Denn er hat seinen Engeln befohlen‹ achtstimmig gesungen, das war fantastisch«, erinnert sich die Chorleiterin. Logisch, dass auch Astrid Böhm-Solleder diesen Moment nicht vergessen hat. Sie ist eine von mehreren Chorsängerinnen, die über eine Gesangsausbildung verfügen. »Damit wird es möglich, dass wir uns hin und wieder auch an anspruchsvolle Stücke wagen können«, freut sich die Dirigentin. Dennoch sei es nicht schlimm, wenn ein Ton einmal nicht haarscharf getroffen werde. »Die Frauen singen aus Spaß an der Freude, und sie tun dies in ihrer Freizeit, das gilt es hoch anzuerkennen«, sagt Doreen Steudel und schiebt augenzwinkernd nach, dass sie ab und an trotzdem an die Pünktlichkeit und Disziplin appellieren muss. Dies sei bisweilen der Fall, wenn einer der rund 40 Auftritte im Jahr bevorstehen würde. Das Repertoire umfasst Choräle und andere geistliche Gesänge, aber auch moderne Chorstücke sowie Volkslieder. Dankbar ist Doreen Steudel, dass ihr die Gemeinde eine Chorleiterausbildung ermöglicht hat, nachdem sie 2014 die Leitung von Michaela Jalowski übernommen hatte. »Ich war Sängerin und wusste damals nicht wirklich, wie ein Chor zu führen ist, zumal Michaela die Aufgabe fast zwei Jahrzehnte lang mit Perfektion ausgefüllt hat.« Wichtig war ihr, den Chor zu erhalten. So kann jeder Auftritt des Ensembles zu einem musikalischen Erlebnis für die Gemeinde werden.
Autor:Online-Redaktion |
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