Berichtet
Empfang nur am Monitor
Kein Impuls, kein gemeinsames Gebet, kein Visitenkartentausch und kein Smalltalk, und das leckere Essen fehlt auch. Und doch sagt der Vorstand der Evangelischen Stiftung Neinstedt: „Wir machen alles wie immer – und doch alles anders.“ Der „Jahresempfang 2020“ findet diesmal im Netz statt. Die Oblate kommt per Post, den in Neinstedt obligaten Traubensaft muss man sich selber vor den Monitor stellen.
Alles wird digital empfangen, selbst der Segen. „Das Virus verändert unser Zusammenleben, lässt uns aber noch deutlicher sagen, was uns wichtig ist“, erklärt Hans Jaekel, der Pädagogisch-Diakonische Vorstand. „Wir leben von Berührungen: körperlichen, mit Worten, Gesten und der Natur. Sie lösen Gefühle aus“, sagt er. Hans Jaekel sagt für sich: „Das alles berührt mich. Jesus will, dass wir uns nahe sind und berührt uns mit seinem Leben. Seiner Idee folgend, verwandelt Berührung unser Leben, macht uns menschlich und fürsorglich, löst Wunder aus.“
Die Corona-Pandemie belastet die Stiftung in diesem Jahr zusätzlich mit mit 300 000 Euro, so Stephan Zwick, der Kaufmännischer Vorstand. Davon habe das Land Sachsen-Anhalt bisher aber nur 23 000 Euro erstattet. Zum Glück könne aber das Jahr mit einem positiven Ergebnis abgeschlossen werden. Für 2019 betrug der Umsatz immerhin 58 Millionen Euro.
Stephan Zwick, der Herr der Zahlen, dankt dafür den 1650 Mitarbeitenden, davon 1142 fest angestellte, und 314 Beschäftigten mit einer Behinderung in den Werkstätten. Deren Arbeit werde von 94 Praktikanten, Auszubildenden und Freiwilligen unterstützt. Zudem sind 100 Mitarbeitende in den verschiedenen Gesellschaften der Stiftung tätig.
Julienne aus der Johannenschule hatte nur per Telefon Kontakt zu ihren Eltern, Jutta Fricke berichtet von ihrem Arbeitsplatzwechsel aus der geschlossenen Kindertagesstätte „Frieden“ in die Werkstatt am Osterberg. „Ich bin froh, diese Erfahrung gemacht zu haben.“ Für Ines Kapica vom Pflegedienst hat sich im Wesentlichen nichts geändert. Sie erlebt die Ängste der Klienten täglich, musste viel erklären und beraten. Sie dürfen das Haus nicht verlassen und haben großen Redebedarf. „Gerade die Menschen, die allein leben.“
Vertraut man auf die digitale Statistik, besuchten den besonderen Jahresempfang 312 Gäste, darunter aus dem Ruhrgebiet und aus Berlin. Ob diese wohl alle zum analogen Treffen gekommen wären?
Uwe Kraus
Autor:Online-Redaktion |
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