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Zeit verschenken

Zuwendung im ungewohnten Umfeld Krankenhaus: Marianne Müller (links) und Leonore Hollstein sind als Grüne Damen im Quedlinburger Klinikum tätig. | Foto: Uwe Kraus
  • Zuwendung im ungewohnten Umfeld Krankenhaus: Marianne Müller (links) und Leonore Hollstein sind als Grüne Damen im Quedlinburger Klinikum tätig.
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Die Grünen Damen und Herren sorgen seit 20 Jahren für die Patienten in Quedlinburg

Von Uwe Kraus

Montags hat Marianne Müller ihren Tag in Grün. Geschickt zieht sie ihren grünen Kasack über und knotet ihr Tuch. Seit zehn Jahren gehört sie zu den Grünen Damen und Herren im Quedlinburger Harzklinikum; 20 Menschen, die hier Zeit verschenken.
Sie sind auf den Stationen und den Pflegeeinrichtungen unterwegs, um sich um die Patienten zu kümmern. Dort, wo die medizinische Versorgung aufhört und das Pflegepersonal zu wenig Zeit hat, finden die Grünen Damen ihren Platz. Sie nehmen sich Zeit, reden mit den Patienten oder hören einfach nur zu, geben oft Halt in schwierigen Situationen. Manchmal besorgen sie Bücher oder erledigen kleine Wege. »Da wird ein Unfallopfer eingeliefert, die Kleidung muss aufgetrennt werden, um an die Wunde zu kommen. Da braucht man einen Schlafanzug oder Bekleidung, die wir besorgen, denn so sexy ist so ein OP-Hemdchen auch nicht«, fügt Leonore Hollstein an, die gemeinsam mit Marianne Müller und Elisabeth Donner die Arbeit koordiniert.
1997 hat Barbara Hofmann die Gruppe ins Leben gerufen, die ehrenamtlich unterm Dach der Evangelischen Krankenhaushilfe wirkt. Von den »Gründungsmüttern« ist auch nach 20 Jahren noch Sigrid Lassowsky mit dabei. »Wir suchen immer wieder Verstärkung«, erklärt die Gernröderin Leonore Hollstein. »Wichtig ist, dass man sich einfühlen und zuhören kann.« Monatlich trifft sich die Gruppe mit Krankenhausseelsorger Matthias Zentner zur Fortbildung. Das stärke das Zusammengehörigkeitsgefühl, man rede über inhaltliche Fragen und gebe sich gegenseitig Halt.
Wie viel Hilfe sie Menschen in der besonderen Situation im Krankenhaus angedeihen lassen, spüren die Frauen und Männer an der Dankbarkeit, die ihnen entgegengebracht wird. »Auch die Zusammenarbeit mit dem Klinikum ist wunderbar«, freut sich die Quedlinburgerin Marianne Müller, die nach dem Tod ihres Mannes Grüne Dame wurde. »Wir sind gern gesehen auf Station. Gelegentlich hören wir auch Vorträge von Ärzten oder der Pflegedienstleitung.«
Einmal im Jahr treffe man sich auch mit den anderen Grünen Damen aus den Klinikbereichen Wernigerode, Ballenstedt und Blankenburg. Zudem haben sie das Hospiz in Neustadt und die Palliativklinik in Ballenstedt besucht. Insgesamt gibt es in Deutschland mehr als 11 000 Grüne Damen und Herren, die unentgeltlich rund 1,8 Millionen Einsatzstunden leisten.
Zur Mitarbeit angesprochen wurden viele Grüne Damen durch Menschen, die sie kannten, oder sie suchten wie Marianne Müller einfach eine neue Aufgabe. Als Vertreter der Kirche sind sie gerade bei älteren Patienten gern gesehen. »Wir besuchen natürlich auch konfessionell ungebundene Menschen«, fügt Leonore Hollstein an. »Wir treten als Mensch zu Menschen, die uns brauchen.« Das seien nicht immer nur Schwerkranke, auch andere Patienten bekommen im ungewohnten Umfeld Zuwendung. »Wir kommen ja nicht mit Spritze und Tablette«, sagt Marianne Müller.
Sie sieht in den Besuchen auf den Krankenzimmern durchaus ein Geben und Nehmen. »Unser Wirken ist manchmal still, aber eigentlich immer nachhaltig.« Oft reden die Kranken mit den Grünen Damen intensiver als mit ihren Angehörigen. »Da erfahren wir oft traurige, aber auch schöne Lebensgeschichten. Irgendwie ist es für uns auch ein Vertrauensvorschuss«, denkt Marianne Müller. Sie weiß, manches Mal muss bei der Supervision über das geredet werden, was an beklemmenden Problemen dabei auftaucht. »Ich kenne es selbst aus eigener Erfahrung, mit welchem Herzklopfen man in ein Krankenhaus geht. Jeder von uns hat es zu Beginn ausprobiert, wie es ist, mit Patienten ins Gespräch zu kommen, wie es sich anfühlt am Krankenbett zu stehen.« Und sie alle haben schon den Satz gehört: »Danke, dass Sie für mich da waren.«

Autor:

Kirchenzeitungsredaktion EKM Nord

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