Pfarrer und Fahrer
Kirchenkreis Haldensleben-Wolmirstedt: Gemeindebus ermöglicht Senioren das Einkaufen
Von Thorsten Keßler
Jeden zweiten Donnerstag startet auf dem Bebertaler Pfarrhof um 8.30 Uhr der Gemeindebus zur Einkaufstour ins nahe gelegene Haldensleben. Am Steuer sitzt Pfarrer i. R. Wolfram Steinacker. Hinten haben an diesem nebeligen, nasskalten Herbstmorgen fünf Damen Platz genommen.
Die Idee hatte vor zwei Jahren Ehefrau Helgard. Sie ist Pastorin in Bebertal und fand damals, das Gemeindeauto könnte für ganz praktische diakonische Dienste genutzt werden. »Seitdem veröffentlichen wir das Einkaufsangebot für Menschen, die nicht so gut zu Fuß sind auch in der Zeitung«, berichtet Pfarrer Steinacker. »Anmeldung im Pfarramt, aber es gibt Stammgäste, die immer mitfahren und sich abmelden, wenn sie nicht dabei sind.«
Zu den Stammgästen gehören Erna Hevekerl (85) und Helga Wellmann (84). Die beiden sammelt Wolfram Steinacker an der ersten Station ein. Den Rollator von Frau Wellmann verstaut er im Kofferraum des Sprinters. An alles ist gedacht: Eine Trittstufe hilft den Senioren beim Einsteigen in den hohen Fahrgastraum.
An den nächsten Haltepunkten steigen Marion Koch (64), Sieglinde Müller (78) und Sigrid Pirogowa (79) dazu. Ob Gemeindemitglied oder nicht: Mitfahren darf jeder. Nach knapp 15 Minuten erreicht der weiße Ford Transit die Hagenpassage im Zentrum von Haldensleben. »Endstation, alles aussteigen. Bis um 10 Uhr«, verabschiedet Steinacker seine Fahrgäste und die fünf Damen gehen schnurstracks ihrer Wege.
Anderen Senioren bringen die Kinder oder Enkelkinder die Einkäufe mit. Manche fahren selbst mit dem Bus nach Haldensleben. Wenn aber die Busfahrt und der Weg zur Haltestelle zu mühsam wird, dann ist der kirchliche Einkaufsservice perfekt, um trotzdem selbstbestimmt einzukaufen. Helga Wellmann kommt auf dem Weg durch die Hagenpassage kaum mit dem Grüßen hinterher. Hier ein »Guten Morgen!«, dort ein kurzes Gespräch. Man kennt sich. Das zweiwöchige Angebot zur Fahrt nach Haldensleben findet die Rentnerin »ganz toll« und schwärmt. »Wir sind so froh, dass wir jedes Mal mitfahren und einkaufen können. Und der Pfarrer ist so behilflich. Er trägt uns die Taschen rein. Also das ist einmalig.«
Erna Hevekerl ist inzwischen auf dem Weg zum Markt in die Hagenstraße um die Ecke. »Ich war gerade bei der Sparkasse und jetzt hol ich mir ein Eimerchen saure Gurken. Der Gurkenonkel steht hier drüben.«
Um kurz nach zehn Uhr trudeln die Damen langsam wieder am Treffpunkt ein. Verspätet zwar, aber Wolfram Steinacker bleibt gelassen. »Ein paar Minuten später macht gar nichts, wir haben alle Zeit«, sagt er und beginnt, den Kofferraum mit den Einkäufen zu beladen.
Zurück in Bebertal gehört zum Fahrer- oder auch Pfarrer-Service das Ausladen und Tragen der Beutel und Tüten ins Haus der Senioren. Um 10.30 Uhr hat Wolfram Steinacker dann Feierabend.
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