Gedenken an den Anschlag auf die Synagoge in Halle
Gegen den Hass - Für Menschlichkeit
Schon weit vor 12 Uhr hatten sich überall auf dem halleschen Marktplatz kleine Menschengruppen zusammengefunden. Der Klang der Glocken von den Kirchen und dem Roten Turm auf dem Marktplatz war weithin zu hören. Um 12.01 begann er und rief für drei Minuten zum Innehalten auf. Genau um diese Zeit hatte am 9. Oktober des vergangenen Jahres der rechtsextremische Terrorakt auf die Synagoge, in der die jüdische Gemeinde ihr hohes Fest Jom Kippur feierte, begonnen. Der Attentäter Stephan B.hatte den Anschlag aus einer antisemitischen Motivation heraus verübt. Er schaffte es nicht, mit Sprengsätzen und Schusswaffen in die Synagoge zu gelangen, erschoss jedoch die 40 Jahre alte Passantin Jana L. und in einem Döner-Imbiss den 20-Jährigen Kevin S.. In einem kleinen Ort im Saalekreis, wo er sich ein Fluchtauto erpresste, hatte der Attentäter zudem zwei Menschen angeschossen. Gegen ihn läuft in Magdeburg der Prozess wegen Mordes in zwei Fällen und weiterer Straftaten.
Im Gedenken an den rechtsextremischen Terrorakt finden nun heute zum Jahrestag der abscheulichen Tat in Halle Aktionen gegen den Hass und für Menschlichkeit statt. Unmittelbar nach dem Glockenläuten lud Landesbischof Friedrich Kramer zu einer Andacht mit Friedensgebet in die hallesche Marktkirche ein. Kramer erinnerte an den Schock für die ganze Stadt am 9. Oktober 2019, aber auch daran, dass trotz des schnellen Übergangs zum Tagesgeschäft noch immer die Wunden da sind. Der Landesbischof entzündete je eine Kerze für die beiden getöteten Mitmenschen. „Es steht die Frage, wie es zu einer solchen Tat eines Menschen ohne Mitgefühl und ohne Menschlichkeit kommen konnte und was können wir tun?“, so Kramer. „Ist nicht das Stärkste, was wir tun können zu beten? Es gibt nur einen, der bis zu einem solchen Menschen durchdringen kann und das ist Gott. Herr erweiche die Herzen der Menschen und befreie sie von ihrem Irrglauben“, begann er das Gebet gegen den Hass und Verachtung, für die Menschlichkeit.
In die Marktkirche waren Hallenser gekommen, aber auch Pfarrer aus der gesamten Stadt, darunter waren auch Regionalbischof Johann Schneider und Thea Ilse, die Landespfarrerin für Polizei- und Notfallseelsorge der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland. Sie hatte nach dem Anschlag die Notfallseelsorge koordiniert. „Wir haben Kontakt zu den Betroffenen und begleiten sie auch heute, ganz leise“, sagt sie gegenüber „Glaube und Heimat“. Von den Betroffenen habe jeder seinen Weg gefunden, wie er den Tag begeht. „Da kommen Erinnerungen hoch. Vielleicht hätte uns ein bisschen mehr Ruhe an diesem Tag besser getan, als so viel Aktionismus“, so ihre Meinung.
In der ganzen Stadt gibt es Gedenkveranstaltungen. So lädt auch am Abend Landesbischof Kramer noch einmal zur Andacht in der Marktkirche ein mit einem anschließenden Gang zur Synagoe. Die Stadt Halle, das Land Sachsen-Anhalt und die Jüdische Gemeinde gedenken den Opfern am späten Nachmittag in der Konzerthalle Ulrichskirche.Auch Bundespräsident Frank Walter Steinmeier (SPD) will eine Gedenkrede halten. Am Steintorcampus gibt es einen Raum der Erinnerungen und Vereine und Organisationen laden zum gemeinsamen Gedenken.
Claudia Crodel
Autor:Claudia Crodel |
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