»Liebe kann niemand befehlen und vor Gott sind wir gleich«
Christopher Street Day: In Halle gibt es eine Gruppe für schwule, lesbische und transidente Christen
Von Katja Schmidtke
Zum »Christopher Street Day« Ende Juli in Berlin schickte die Kirche von Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz einen Truck mit auf die Parade – die Initiative, die auf einen Berliner Superintendenten zurückging, erhielt ein großes Echo. Aber auch in der mitteldeutschen Landeskirche gibt es besondere Angebote für und von Homosexuellen.
So hat sich in Halle im Herbst vor drei Jahren die Initiative »queer+glauben« gegründet. 2016 luden Gabriel Walther und eine Handvoll weiterer Mitstreiter erstmals zu einem Gottesdienst anlässlich des Christopher-Street-Days (CSD) in Halle ein. Eine Fortsetzung gibt es in diesem Jahr. Der Gottesdienst am 10. September, 18 Uhr, in der Laurentiuskirche mit einer Dialogpredigt zum Thema »Nächtstenliebe« sei aber keine grellbunt-schrill-laute Veranstaltung. »Und auch kein Klientelgottesdienst«, sagt Gabriel Walther. »Unsere Themen sind Vielfalt und Akzeptanz, die sind für uns eingebettet in das christliche Grundverständnis von Nächstenliebe und Liebe zur Schöpfung.« Die schwulen und lesbischen Christen wollten sich nicht verstecken, sondern ihren Glauben leben und selbstbewusst zu ihrem Lebensentwurf stehen.
Gabriel Walther ist christlich erzogen worden. Er erzählt, dass er sich aber in seiner Jugend zurückgezogen habe. Das Entsetzen über homophobe Bibelstellen und über Ablehnung homosexueller Menschen in Gemeindekreisen sei groß gewesen, ebenso das Gefühl, nicht dazuzugehören. »Meine Spiritualität hatte keinen festen Ort«, sagt er. Erst als Erwachsener und durch die Gruppe »queer+glauben« fand er zurück.
Mit Vorurteilen aufräumen
Mittlerweile bildet der christliche Glaube ein festes Fundament – und Gabriel Walther und seine Mitstreiter sind bereit, mit Vorurteilen aufzuräumen: Dass Schwule und Lesben nicht in den Gemeinden vorkämen, dass homosexuelle Männer keine verantwortlichen Beziehungen aufbauen könnten oder Lesben Männer hassen würden. Es sei noch viel Aufklärungsarbeit zu leisten.
»queer+glauben« ist am Begegnungs- und Beratungs-Zentrum »lebensart« e.V. angegliedert. Zur besseren Anbindung an Kirche und Gemeinde hat sich Gabriel Walther in St. Laurentius einpfarren lassen. Er fühle sich dort gut aufgehoben und angenommen – und er will als ganz normales Gemeindeglied dazugehören. Es solle künftig nichts Exotisches, sondern Normalität sein, dass Schwule und Lesben ganz offen zu christlichen Gemeinschaften gehören. Aber natürlich ist es mit einer Anstrengung verbunden, Intimes nach außen zu kehren. Immerhin ist bei Heterosexuellen der Fokus auch nicht ständig auf das Sexuelle gerichtet. »Die Sexualität spielt doch eigentlich keine vordergründige Rolle. Der Liebe kann niemand befehlen. Vor Gott sind wir alle gleich«, so Gabriel Walther.
»queer+glauben« trifft sich jeden 1. Mittwoch im Monat ab 19 Uhr im Laurentius-Gemeindehaus, Breite Straße 29, Eingang Laurentiusstraße
www.qghs.wordpress.com
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