Klima
Gartenparadies der Zukunft
Hitze, Dürre, Starkregen: Die Klimakrise stellt Hobbygärtner vor Herausforderungen. Doch es gibt viele Tipps für ein klimagerechtes Gärtnern, das auch der Artenvielfalt guttut. Der Rasenmäher darf dabei ruhig öfter mal in der Garage bleiben.
Von Julia Pennigsdorf (epd)
Der Weg zum Garten der Zukunft führt vorbei an wuchtigen gepflasterten Auffahrten, grauen Schotterflächen und hohen, schwarzen Kunststoff-Zäunen direkt in das Herz von Bullerbü. Seit vier Jahren wohnt Ursula Ommen in ihrem Schwedenhäuschen im Neubaugebiet des Hambührener Ortsteils Ovelgönne rund elf Kilometer westlich von Celle. Der 660 Quadratmeter große Garten, der zu dem kleinen Holzhaus gehört, ist ein Kleinod inmitten des Wohngebiets, ein verträumtes Paradies aus Stauden, Bäumen, Hecken, Gräsern.
Es blühen Rosen, Margeriten und Spornblumen, dazu Weißdorn, Liguster und Flieder, Kornblumen, Katzenminze und Akeleien. Insekten summen, Vögel zwitschern - und Angela Rudolf ist voll des Lobes. «Es gibt hier robuste, klimafeste Stauden und Sträucher, eine enorme Artenvielfalt, kaum Versiegelung und befestigte Wege und durch den hohen Bewuchs ein gutes Mikroklima», sagt sie.
Rudolf ist Gartenbautechnikerin und Baumschulmeisterin. Die 36-Jährige berät seit zwei Jahren im Auftrag des «Verbandes Wohneigentum Niedersachsen» Hausbesitzer mit Gärten. Im Fokus stünden häufig Fragen, die mit dem Klimawandel zusammenhingen, sagt die Gartenfachberaterin. Welche Pflanzen vertragen Trockenheit und Hitze? Welche Blumen lieben Insekten? Wie gieße ich wassersparend? Wie dünge ich ohne Kunstdünger? Kurz: Wie gelingt ein grüner, blühender natur- und klimafreundlicher Garten?
Fragen, die auch am 11. Juni, dem «Tag des Gartens», in den Mittelpunkt rücken. Zahlreiche Gartenverbände nutzen den Tag bundesweit, um über Insektenbiotope, Wildpflanzen, biologische Vielfalt und naturnahe Gärten zu informieren. «Gerade Neueigenheimbesitzern mangelt es oft an Wissen», sagt Rudolf und ihr Blick wandert zu dem Schottervorgarten ein paar Häuser weiter, in dessen Mitte eine akkurat geschnittene Buchsbaumkugel steht. «Ich mache den Menschen keinen Vorwurf», sagt sie, «gerade, wenn man irgendwo neu eingezogen ist, gibt es so viel anderes zu tun als Gartenarbeit.»
Deswegen aber den Garten zu versiegeln, Folien zu ziehen, Kies und Schotter aufzuschütten, sei weder umweltfreundlich noch sinnvoll angesichts von Temperaturrekorden, sagt Rudolf. Auch der Landesbund für Vogel- und Naturschutz aus Bayern weist darauf hin, dass Steinschüttungen sommerliche Hitze bis tief in die Nacht speichern: «Geschlossene Vegetationsdecken dagegen kühlen durch Beschattung und Verdunstung und schaffen so auch für den Menschen ein erträgliches Mikroklima.»
Dass sich klimasensibles Gärtnern auch im Kleinen lohnt, zeigen Berechnungen des Naturschutzbundes Deutschland (Nabu): Allein deutsche Vorgärten entsprächen zusammengerechnet einer Fläche aller deutschen Naturschutzgebiete. Das Potenzial ist also groß - und vielfach ungenutzt. «Immer noch gibt es im Normalgarten viel zu viel wöchentlich geschnittenen Rasen, zu viel Bemühen um Ordnung», erklärt der Nabu.
Ach ja, der Rasen. Angela Rudolf seufzt. «Die Zeit des Zierrasens ist eigentlich vorbei», sagt sie. Wer daran festhalten wolle, solle zumindest seltener mähen. Jeder Zentimeter diene dem Hitzeschutz, weil längere Halme den Boden besser beschatteten. Der Nabu empfiehlt Familien, die Platz für spielende Kinder benötigten, kleine Inseln stehenzulassen und drumherum zu mähen. Über Gänseblümchen, Hahnenfuß und Klee freuten sich auch Insekten.
Und noch etwas sollte nach Ansicht von Gartenexperten der Vergangenheit angehören: tägliches Gießen. «Da sind Pflanzen nicht anders als der Mensch mit der Chipstüte auf dem Sofa: Sie werden faul», sagt Rudolf und lacht. Besser sei es, nur alle paar Tage zu gießen, dann aber ordentlich, 20 bis 30 Liter pro Quadratmeter. «So werden die Pflanzen angeregt, tiefer zu wurzeln.» Hilfreich sei es zudem, den Boden oberflächlich mit einer Kralle zu bearbeiten, dann könne das Wasser besser eindringen. Dieser Effekt kannten schon frühere Generationen: «Einmal hacken spart dreimal gießen.»
Ursula Omme ist stolz auf ihr kleines Naturparadies - und darauf, dass sie einen Beitrag gegen die Klima- und Umweltkrise leistet. «Bei mir im Garten wird deutlich, dass die Natur sensibel und zerbrechlich ist - und wir sie schützen müssen», sagt sie, während sie aus einem Container hinter dem Gartenschuppen selbstangesetzte Brennnesseljauche schöpft, um ein Beet zu düngen.
Die 68-Jährige streichelt ihren Hund Henry, einen rotbraunen Cavalier King Charles Spaniel, und deutet auf eine Pflanze namens Wollziest, auch Eselsohr genannt. Die grün-gräulichen Blätter sind seidig behaart, ideal für die vom Aussterben bedrohte Wollbiene, die die Haare als Nistmaterial verwendet. Dass die selten gewordene Bienenart sich bei ihr in Ovelgönne wohlfühlt, freut Omme. Gartenberaterin Rudolf lächelt. «Es ist alles ein Kreislauf- und der Mensch mittendrin», sagt sie.
Tipps für das Gärtnern in Zeiten des Klimawandels
KLIMAVERLIERER und KLIMAGEWINNER: Zu den Klimaverlierern, also Pflanzen, die mit Hitze und Dürre nicht gut klarkommen, gehören Zierrasen, Hortensien und Rhododendren. Klimagewinner sind dagegen Pflanzen wie Rosen, Flieder und Ginkgo.
WASSER MARSCH: Wasser ist ein knappes Gut. Wer kann, sollte einen Brunnen oder eine Zisterne anlegen. Alternative ist eine Regentonne, aus der Niederschlag zum Gießen geschöpft werden kann. Gegossen werden sollte nur der Boden, nicht die Pflanze, und es sollte morgens gewässert werden, nicht abends. Nachts sollte der Garten trocken sein, das beugt Schnecken und Pilzerkrankungen vor. Feuchtbiotope im Garten dienen Insekten und Vögeln und machen Hitzewellen auch für Menschen erträglicher.
SCHATTEN: Robuste Zukunftsbäume, die sich auch für kleine Gärten eignen, sind unter anderem Französischer Ahorn, Apfeldorn, Kornelkirsche, Weißdorn sowie die Säulen-Felsenbirne Obelisk.
JEDE BEGRÜNUNG HILFT: Nicht nur der Boden kann bepflanzt werden, auch das Dach von Gartenschuppen, Mülltonnen-Boxen sowie Laubengänge oder Pergolen.
GARTENARBEIT: Weniger ist oft mehr: Ein Rasen, der selten gemäht wird, entwickelt sich zum Kleinbiotop. Herbstlaub, das liegen bleibt und Rasen und Beete bedeckt, schützt den Boden, Nährstoffe entstehen, kleine Tiere finden Unterschlupf.
SCHUTZ: Hecken fangen Winde und Sturmböen ab und vermindern die Erosion von trockenem Erdreich. Hitzebedingtes Austrocknen des Bodens wird zudem durch bodendeckende Bepflanzung verlangsamt, Beete können zusätzlich mit Rasenschnitt, Mulch oder Häckselmaterial abgedeckt werden.
Autor:Katja Schmidtke |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.