Luthers Glaubenskämpfer
Ausstellung im Jenaer Stadtmuseum widmet sich Johann Friedrich I. und seiner Gefangenschaft
Von Doris Weilandt
Unter dem Titel »Er tut mehr Schaden als Luther und Melanchthon« gibt eine Ausstellung im Jenaer Stadtmuseum erstmalig Einblicke in das Leben des Kurfürsten Johann Friedrich I. in der Gefangenschaft.
Der politische Kopf der Reformation verlor nach der Niederlage im Schmalkaldischen Krieg 1547 seine Kurwürde und den angestammten Besitz. Glück im Unglück: Aus dem Todesurteil wurde eine Haftstrafe, die er im Gefolge seines Glaubensgegners Kaiser Karl V. durch ganz Europa zu verbüßen hatte. Zum eigenen Hofstaat gehörten etwa 20 Personen, darunter Hofmeister, Sekretär, Ärzte und Bedienstete.
Teilweise leistete auch Lukas Cranach d. Ä. seinem Landesherrn Gesellschaft. Der Künstler sorgte dafür, dass sich das Bild vom unbeugsamen Glaubenskämpfer Johann Friedrich schnell verbreitete. Im Gesicht trägt er die große Narbe als sichtbares Zeichen für seinen Einsatz und die Bereitschaft, für seinen Glauben zu sterben.
Fast 3 000 Kilometer legte er in der Gefangenschaft zurück, im 16. Jahrhundert alles andere als ein Vergnügen. Für Komfort sorgte der fürstliche Reisewagen, der mit Decken und Kissen ausgelegt war. Um alles mitzuführen, was zum Haushalten benötig wurde, brauchte der Tross 28 Pferde und elf Wagen. Darin befanden sich Vorräte, Geschirr, aber auch typische Haustiere wie Meerkatzen und Hunde. An den Aufenthaltsorten veranstaltete Johann Friedrich Festmahle, zu denen er großzügige Geschenke verteilte. Von der leidenschaftlichen Begeisterung für das Schachspiel zeugen mehrere Bilder. Neben Cranach hat Johannes Samuel Blaettner auf einem Ölbild den Moment festgehalten, in dem der Fürst beim Schachspiel sein Todesurteil übermittelt bekommt. Daneben frönte er auch dem Karten- und Würfelspiel mit hohen Einsätzen. Über die Verluste geben Rechnungsbücher Auskunft, die sich erhalten haben. Dass er sogar Zugang zu Waffen hatte und Wettkämpfe im Armbrustschießen abhielt, mag verwundern. Sie dienten ihm zum Vergnügen und nicht zur Rebellion.
Zu den hochkarätigen Leihgaben, die noch nie in dieser Zusammenstellung vereint waren, gehört ein Springer aus Walrosszahn aus dem frühen
16. Jahrhundert sowie ein niederländisches Schachspiel aus dem 17. Jahrhundert. In intimer Szenerie vereint sind ein Medaillon, das Johann Friedrich in Brüssel malen ließ, um es seiner Frau Sibylla zu schenken, und der originale Brief der Überreichung. Er ist genauso erhalten wie das Dankesschreiben, das ihn aus Weimar erreichte.
In der nach Themenkomplexen geordneten Ausstellung finden sich zudem Turnierwaffen, das bereits erwähnte Todesurteil, kaiserliche Urkunden und Hausrat, der im 16. Jahrhundert gebräuchlich war. Die zum Reformationsfest eröffnete Schau vermittelt durch ein umfangreiches Begleitprogramm weitere Aspekte aus dem Leben des Glaubenskämpfers und Begründers der Universität Jena, darunter ein Vortrag zur Entstehung des Hanfried-Denkmals auf dem Jenaer Markt von Birgitt Hellmann.
Autor:Adrienne Uebbing |
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