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Es fehlt der weite Blick
Von Renate Wähnelt
Was hat konfessioneller Religionsunterricht an staatlichen Schulen zu suchen? Noch immer hadere ich damit, dass mit der Übernahme des Bildungswesens der ehemaligen Bundesrepublik dieses Fach in dieser Ausprägung bei uns Einzug hielt.
Unterweisung in einer bestimmten Religion gehört in die Gemeinschaft der dieser Religion Angehörenden, nicht in die zu religiöser Neutralität verpflichteten staatlichen Schulen, denn Glaube wird in Gemeinschaft gelebt.
In der staatlichen Schule sollten Kinder in einem Fach "Reli" Grundlegendes über alle maßgeblichen Religionen der Gegenwart und Vergangenheit erfahren. Solch ein Fach, das wohl am besten Religionskunde genannt wird, hilft den Heranwachsenden, sich selbst zu verorten. Es hilft beispielsweise auch, Kunstwerke zu "lesen", sowohl die christlich geprägten im europäischen Raum als auch andere in fernen Gegenden.
Religionskunde baut keine Schranken auf zwischen der (bisher) vorhandenen Mehrheit der Christen in Deutschland und Angehörigen anderer Religionen, die zu uns kommen, um mit uns zu leben. Sie kann mit weitem Blick vielmehr neugierig machen auf andere Geisteswelt. Sie kann den Weg für die jungen Menschen ebnen, eine eigene religiöse Heimat zu finden, indem sie kenntnisreich die Gemeinschaften der praktizierenden Gläubigen der verschiedenen Religionen aufsuchen.
So wie praktiziert, lässt mich der Religionsunterricht an der Trennung von Staat und Kirche zweifeln. Es haftet ihm der Geruch an, dass die beiden großen christlichen Kirchen diese Gelegenheit gern nutzen, Nachwuchs für ihre Gemeinden zu gewinnen. Ein fataler Eindruck, der durch eine umfassende Religionskunde beseitigt werden sollte.
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