Kirchenreform von unten
Reformations-Gedenkjahr in Magdeburg endet
Eine Predigt Luthers hat vor 500 Jahren den Ausschlag für die Reformation in Magdeburg gegeben. Das zu Ende gehende Jubiläumsjahr lieferte wichtige Erkenntnisse für die Situation der Kirche heute. In wenigen Jahren steht ein weiterer Jahrestag an.
Magdeburg (epd). Zum Abschluss wird am 31. Oktober noch einmal groß gefeiert: Mit einem festlichen Gottesdienst zum Reformationstag beendet der Evangelische Kirchenkreis Magdeburg das Festjahr zum 500. Jahrestag der Reformation in der Stadt. Gefeiert wird dort, wo Martin Luther (1483-1546) am 26. Juni 1524 dem evangelischen Glauben mit einer bahnbrechenden Predigt zum endgültigen Durchbruch verhalf: in der Johanniskirche. Die ist zwar heute kein Gotteshaus mehr, sondern ein städtischer Veranstaltungssaal, aber für einen Tag kehrt hier wieder religiöses Leben ein.
Kantate und Luther-Rap
„Es wird eine bunte Mischung über Telemanns Reformationskantate 'Es wolle Gott uns gnädig sein' bis zum Luther-Rap vom Kinderchor Südost“, sagt der Leitende Geistliche des Kirchenkreises, Superintendent Stephan Hoenen, dem Evangelischen Pressedienst (epd). Der Gottesdienst wird im Rundfunk übertragen - mit traditionellem Abendmahl, was logistisch eine besondere Herausforderung wird. 500 Einzelkelche - passend zum Jubiläum - werde es geben. Hoenen selbst wird die Predigt halten und das Festjahr nochmals Revue passieren lassen.
Und das hatte einige Höhepunkte zu bieten, die durchaus nachwirken. So gab es im Juni - rund um den 500. Jahrestag von Luthers Predigt - eine theologische Tagung zu „Großstadt und Reformation“. Zwei Gedanken haben Hoenen nach eigener Aussage besonders beeindruckt: Zum einen, dass sich die Reformation in den Pfarrkirchen und Gemeinden ausgebreitet habe. Es sei keine „Reformation von oben“ gewesen.
Zweitens hätten die Gemeinden begonnen, sich selbst zu verwalten. Damals seien Ausschüsse von einfachen Gemeindemitgliedern entstanden, die als Vorläufer der heutigen Gemeindekirchenräte gelten könnten. „Dieses Modell aus Magdeburg ist in die protestantische Welt hinausgegangen“, betont Hoenen. Auch heute brauche es Menschen, die sich in der Kirche ehrenamtlich engagieren.
Ausstellung im Einkaufszentrum
Christoph Volkmar, Vorsitzender der Historischen Kommission für Sachsen-Anhalt und Leiter des Magdeburger Stadtarchivs, bewertet die Reformation in Magdeburg rückblickend ebenfalls als eine „Bewegung von unten“. „Wenn sich Frauen und Männer aus der Mitte der Bürgerschaft engagieren, und dazu gehört auch der Druck der Straße, dann ist gesellschaftliche Erneuerung möglich“, sagt Volkmar gegenüber epd: „Das kann man selten so deutlich sehen wie hier, in der einst größten Stadt im Osten Deutschlands.“
Laut Superintendent Hoenen ist es außerdem gelungen, in die weitgehend kirchenferne Öffentlichkeit hinauszugehen: „Ich bin geradezu positiv berührt, wie dieses Jubiläum bei den Menschen angekommen ist.“ Die Grenzen zur Stadtgesellschaft hätten deutlich überwunden werden können, ist er überzeugt.
So habe es in der Stadtbibliothek und in einem großen Einkaufszentrum in der Innenstadt eine Ausstellung zum Reformationsjubiläum gegeben. Auch ein „Bibelmobil“ war an verschiedenen Stellen präsent. „Die Magdeburger sind ansprechbar, wenn es um ihre Stadtgeschichte geht“, ist Hoenen überzeugt: „Und die Reformation wird als Teil der Stadtgeschichte wahrgenommen.“
Das nächste Gedenken im Blick
Historiker Volkmar blickt bereits auf ein weiteres Gedenkjahr: 2031 jährt sich die „Magdeburger Bluthochzeit“, die nahezu völlige Verwüstung der Stadt im Dreißigjährigen Krieg am 10. Mai 1631, zum 400. Mal. Er gehört dem „Friedensforum Johanniskirche 1631-2031“ an, einem zivilgesellschaftlichen Kuratorium. Jährlich am 10. Mai will es an die Katastrophe erinnern und einen Friedensruf in die Welt aussenden.
Gerade weil der damalige Konflikt ein Konfessionskrieg war, soll dieses Gedenken immer ökumenisch geschehen und die einstigen Gegner versöhnen, betont Volkmar. „Wir gedenken, aber wir dürfen auch die Lebensgeister des Wiederaufbaus feiern“, sagt der Historiker: „Ich meine, so findet Magdeburg ein Stück zu sich selbst.“
Autor:Oliver Gierens |
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