Das Kirchengeläut ist ein gutes Zeichen
Gewerkschaft: Gemeinwesen braucht Ruhetag für den Zusammenhalt
Von Susanne Wiedemeyer
Anders als Maschinen können Menschen nicht über 365 Tage im Jahr dreischichtig arbeiten. Technische Apparate kommen mit Wartungszyklen aus. Arbeitende Menschen bedürfen, wo sie in der Produktion von Waren und Dienstleistungen stehen, der Reproduktion ihrer jeweiligen physischen, psychischen, sozialen und kulturellen Existenz. Zu den nicht ersetzbaren kreativen Fähigkeiten der Menschen gehört auch, sich selbst reflektieren zu können. Und daher wissen wir, dass Wochenendarbeit von den betroffenen Kolleginnen und Kollegen als hohe Beanspruchung empfunden wird. Sie schätzen ihren Gesundheitszustand schlechter ein und sind auch mit ihrer Arbeit unzufriedener als Beschäftigte, die an den Wochenenden bzw. zumindest an den Sonntagen frei haben.
Und auch die statistisch messbaren Befunde belegen, dass häufige oder gar regelmäßige Wochenendarbeit mit Risiken von Rückenschmerzen, Schlafstörungen, körperlichen und seelischen Erschöpfungszuständen verbunden ist. Dabei wirkt sich Sonntagsarbeit noch negativer aus als Samstagsarbeit.
Gewerkschaften, die sich für die verschiedenen Indizes des Markenzeichens »Gute Arbeit« einsetzen, sehen deshalb in der Aushöhlung des arbeitsfreien Sonntags eine große Gefahr.
Inzwischen arbeitet bundesweit ein Viertel der Beschäftigten mindestens einmal monatlich an Sonn- und Feiertagen. Ein weiteres Fünftel der Beschäftigten leistet ausschließlich an Samstagen Wochenendarbeit. In Sachsen-Anhalt ist Wochenendarbeit bei 36 Prozent der Beschäftigten und damit überdurchschnittlich verbreitet. Im Handel sind inzwischen 12 Prozent der Beschäftigten von Sonntagsarbeit betroffen, weitere 48 Prozent arbeiten samstags.
Der Deutsche Gewerkschaftsbund in Sachsen-Anhalt hat vor diesem Hintergrund eine klare Zielstellung formuliert: »Der Sonntag darf kein normaler Arbeitstag werden! Sonntagsarbeit ist nur in gesellschaftlich notwendigen Bereichen legitim!« Letzteres trifft in allen Strukturen zu, in denen Kranke und Notfälle versorgt werden, aber auch in Einrichtungen, die unserer Erholung durch Sport, Kultur, Geselligkeit, Religion und ehrenamtlichem Engagement dienen. Und auch diese Kolleginnen und Kollegen, die an Sonntagen gesellschaftlich notwendige Arbeit leisten, brauchen unsere Unterstützung im Kampf um verlässlich planbare freie Wochenenden.
In diesem Zusammenhang sind wir als Gewerkschaften in Sachsen-Anhalt froh, dass es seit den 1990er-Jahren mit den christlichen Kirchen eine Allianz für den Schutz des Sonntags gibt. Wir haben diese Allianz in der vergangenen Adventszeit durch eine gemeinsame Präsentation im Rahmen der Landespressekonferenz neu belebt. Anlass war die Vorstellung einer Broschüre, mit der 30 Landtagsabgeordnete fraktionsübergreifend unsere Allianz für den freien Sonntag unterstützen.
Übrigens: Das sonntägliche Kirchengeläut in Städten und Dörfern ist ein gutes Zeichen dafür, dass der Sonntag kein normaler Tag ist, sondern ein Ruhetag, den unser Gemeinwesen für
Die Autorin ist Leiterin des Landesbüros Sachsen-Anhalt des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB)
Autor:Adrienne Uebbing |
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