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DDR-Kirchenverluste # 28
Die verlorene Sankt-Nikolai-Kirche Magdeburg

Die kriegsbeschädigte Sankt-Nilolai-Kirche Magdeburg im August 1952. | Foto: Bundesarchiv, Bild 183-15767-0006 / CC-BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=5340484
  • Die kriegsbeschädigte Sankt-Nilolai-Kirche Magdeburg im August 1952.
  • Foto: Bundesarchiv, Bild 183-15767-0006 / CC-BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=5340484
  • hochgeladen von Holger Zürch

In der DDR wurden bis 1988 rund 60 Kirchen auf staatlichen Druck gesprengt. Die wohl bekannteste von ihnen war die Paulinerkirche Leipzig – auch Universitätskirche St. Pauli genannt – im Jahr 1968. Die Serie erinnert an verlorene Sakralbauten in Mitteldeutschland und darüber hinaus.

Die Sankt-Nikolai-Kirche war eine Stiftskirche in Magdeburgs Altstadt. Das dem heiligen Nikolaus geweihte Gotteshaus wurde 1959 abgerissen.

Geschichte
Magdeburgs erste Nikolaikirche wurde von Wenden zerstört. Sie soll um das Jahr 1023 unter Erzbischof Humfried errichtet worden sein und hatte einen runden Grundriss. Sie diente als Baptisterium – also Taufkirche – des damaligen Doms und wurde beim Bau von Magdeburgs Dom um 1240 abgerissen, um an ihrer Stelle den südlichen Domturm zu errichten.

Das Nikolaistift erhielt 1310 als Ersatz ein größeres Grundstück im nordwestlichen Bereich des Domplatzes (damals: Neuer Markt). Bis 1360 entstand dort eine schlicht gestaltete Kirche aus Grauwacke-Bruchstein und behauenem Sandstein als größte Hallenkirche der Stadt.

Ihre Besonderheit: Sie blieb ohne Kirchturm. Eine zeitgenössische Abbildung von 1653 zeigt, dass sie früher einen Dachreiter hatte.

Bauwerk
Das Hallengewölbe bestand aus drei gleich hohen Schiffen, die auf zwei Arkadenreihen mit je acht Pfeilern ruhten. Der Grundriss der Kirche war rechteckig. An der Nordseite der Kirche wurde ein Kreuzgang errichtet. 1540 beschädigte ein Brand Kreuzgang und Kirche.

Mit der Reformation wurde Sankt Nikolai evangelisch, erster Gottesdienst der Protestanten war am 6. Dezember 1573. Während der Erstürmung Magdeburgs im Dreißigjährigen Krieg am 10. Mai 1631 wurde auch Sankt Nikolai beschädigt.

Bei der Erneuerung 1654 entstand statt des ursprünglichen Gewölbes eine hölzerne Flachdecke. Gottesdienste gab es ab 1693. Doch hatte Sankt Nikolai keine eigene Kirchgemeinde, meist wurde sie für regelmäßige geistliche Gesänge genutzt. Der kriegsbeschädigte Kreuzgang verfiel zur Ruine und wurde 1724 abgerissen – Magdeburgs Kreuzgangstraße in diesem Bereich erinnert daran.

In der Zeit der französischen Besatzung diente die Kirche als Lazarett und Kaserne. Die Inneneinrichtung wurde entfernt, der Fußboden um 30 Zentimeter aufgeschüttet.

1810 wurde die Sankt-Nikolai-Kirche aufgegeben und das Stift aufgehoben. Ab dem 18. Jahrhundert an gab es eine wechselvolle Nutzungsgeschichte: als Familienbegräbnisstätte, Militärkrankenhaus, Kaserne, als Zeughaus und Lager.

So diente das Gotteshaus als Ersatz für das 1812 abgebrannte Zeughaus, der Umbau zum schmucklosen Zweckbau begann 1824. Nach Auflösung des Zeughauses diente es als Zeughausmuseum und später als Möbellager.

1938 gestalteten es die Nationalsozialisten als Weihestätte für die Bewegung des Nationalsozialismus und als Stahlhelmmuseum. Am wechselvollen Schicksal des Sakralbaus lässt sich das Auf und Ab in Magdeburgs Stadtgeschichte ablesen.

Die Westseite hatte eine Empore mit Orgel. Die jeweils acht Kirchenfenster an den Langseiten auf Nord- und Südseite waren als Fenster der Stifter gestaltet – mit Wappen von Familien Magdeburgs.

Zweiter Weltkrieg und danach
Beim Luftangriff auf Magdeburg am 16. Januar 1945 wurde auch die Sankt-Nikolai-Kirche stark beschädigt, es blieben im Wesentlichen die Außenmauern erhalten. 1959 wurde sie gesprengt. An der Stelle der Kirche entstand anschließend ein Wohnhaus in DDR-Plattenbauweise.

Jüngere Vergangenheit
Dem DDR-Plattenwohnhaus folgte später die von Friedensreich Hundertwasser (1928 - 2000) entworfene „Grüne Zitadelle“ von Magdeburg 2005.

In deren Keller zeigt ein Saal geborgener Steine der Sankt-Nikolai-Kirche. Ein Bronze-Modell am einstigen Standort erinnert heutzutage an das Gotteshaus.

Eine Spur christlichen Lebens lebt in der „Grünen Zitadelle“ fort: Dort ist in der ersten Etage die evangelische Kindertagesstätte „FriedensReich“ zu Hause – mit Spielplätzen auf den Dachflächen.

Koordinaten: 52° 7′ 35,3″ N, 11° 38′ 0,8″ O

https://de.wikipedia.org/wiki/Sankt-Nikolai-Kirche_(Magdeburg)
(dort auch Verzeichnis der Autoren; Textnutzung entsprechend Creative Commons CC BY-SA 4.0)

Autor:

Holger Zürch

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