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DDR-KIRCHENVERLUSTE # 43
Die verlorene St.-Katharinen-Kirche Magdeburg

St.-Katharinen-Kirche Magdeburg, Ansicht von 1902 oder früher | Foto: Gemeinfrei, CC0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=107817386
  • St.-Katharinen-Kirche Magdeburg, Ansicht von 1902 oder früher
  • Foto: Gemeinfrei, CC0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=107817386
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In der DDR wurden bis 1988 rund 60 Kirchen auf staatlichen Druck gesprengt. Die wohl bekannteste von ihnen war die Paulinerkirche Leipzig – auch Universitätskirche St. Pauli genannt – im Jahr 1968. Die Serie erinnert an verlorene Sakralbauten in Mitteldeutschland und darüber hinaus.

Die Sankt-Katharinen-Kirche zu Magdeburg – zeitweise hatte sie auch den Doppelnamen Sanct Catharina und Sanct Margaretha – war eine Kirche in Magdeburgs Altstadt. Sie brannte im Zweiten Weltkrieg 1944 aus und war bei den schweren Luftangriffen im Januar 1945 für vielen Magdeburger und Flüchtlinge Schutz- und Zufluchtsort. Das mehr als 700 Jahre alte Gotteshaus wurde zwischen 1964 und 1966 abgerissen.

Geschichte
Der Grundstein zur Kirche wurde 1230 gelegt. Die Weihe zur Heiligen Katharina (to sunte Katerina) erfolgte, weil der damalige Erzbischof 1220 eine Fingerreliquie der Katharina von Alexandrien nach Magdeburg gebracht hatte. Geweiht wurde sie wohl von Erzbischof Burkhard I. von Woldenberg.

1468 wurde das Kirchenschiff abgerissen, um ein größeres zu errichten. 1521 setzte ein Gewitterblitz die Kirche in Brand – mit geringem Schaden. 1524 traten die Kirchengemeinde, der damalige Pfarrer Johann Ziegenhagen und der Kaplan Bode zum Protestantismus über. 1593 wurde eine Turmuhr eingebaut, 1603 eine neue Kanzel errichtet.

Am Sonntag nach Ostern 1613 wütete ein Stadtbrand, der auch die St.-Katharinen-Kirche schwer schädigte: Es wurden auch die Kirchenglocken, das Uhrwerk und die Orgel zerstört.

Als Brandverursacher galt ein Magdeburger namens Teufel: Er hatte in der Peterstraße von seinem Wagen Stroh für Bauzwecke abgeladen, das dabei zu dicht an den Herd geriet. Das Feuer griff schnell auf andere Häuser und Straßenzüge über, insgesamt brannten 212 Häuser nieder.

Die Schäden an der Kirche wurden schnell beseitigt. Im August 1613 goss Glockengießer Borstelmann eine neue Glocke. Diese musste fünf Jahre später wegen eines Sprungs umgegossen werden. 1613 entstand eine neue Orgel, die von Michael Praetorius gelobt wurde. Am 26. November 1630 stürzte bei einem schweren Sturm eine der Turmspitzen herunter – ohne weitere Schäden an der Kirche.

Bei der Erstürmung Magdeburgs von kaiserlichen Truppen unter Tilly am 10. Mai 1631 wurde auch die Katharinenkirche schwer beschädigt. In der Kirche gab es ein Massaker, bei dem Tillys Soldaten 53 Menschen, meist Frauen, enthaupteten. Die Kirche fing Feuer, die Türme und das Kirchendach brachen ein, die Orgel wurde vernichtet. Abgesehen vom intakten Geläut des Magdeburger Doms, blieben die große Glocke und die Signierglocke als einzige der gesamten Altstadt erhalten.

1637 errichtete Hans Harnischwischer auf den Trümmern des nördlichen Turms einen Glockenstuhl, damit die Glocke wieder geläutet werden konnte.

Am 1. Juni 1653 brach der notdürftig instandgesetzte Nordturm zusammen. Von der großen Glocke brach der Kronenbügel ab. Ein neues Notglockenhaus wurde am 18. März 1655 eingeweiht, die große Glocke hatte Glockengießer Georg Schreiber repariert. 1656 stürzten die Reste des südlichen Turms ein.

1668 begann der Wiederaufbau der Kirche. Ausgestattet mit Empfehlungsschreiben der Kurfürsten Friedrich Wilhelm von Brandenburg und des Administrators des Erzstiftes Magdeburg reisten Spendensammler durch Deutschland und die Niederlande, Schweden und die Schweiz. Die Baukosten sollten 6.000 Taler betragen.

Der neue Altar wurde 1676 von Joachim Balicke gestiftet und von Bildhauer Tobias Wilhelmi und Kunstmaler Fensterer gestaltet.

1679 weihte Ernestus Bake, Pfarrer der benachbarten Sankt-Johannis-Kirche, die wiedererstandene Kirche. 1689 begann die Wiedererrichtung der Kirchturmspitzen, 1692 entstand eine neue Kanzel.

Am 1. August 1695 wurde der Turmknopf gesetzt und die Glocken aus dem Notglockenstuhl in den südlichen Kirchturm gebracht. Im selben Jahr erwarb die Gemeinde für 170 Taler die Orgel der Sankt-Johannis-Kirche, diese wurde 1705 von Orgelbaumeister Arp Schnitger für 260 Taler umgebaut.

1701 wurde wieder eine Uhr im Kirchturm installiert, 1707 der Kirchhof mit einer Mauer umgeben. 1723 kam es erneut in der Nachbarschaft zu einem Brand, der auf einen der Kirchtürme übergriff.

Zumindest in der Zeit um 1750 war für die Kirche der Doppelname Sanct Catharina und Sanct Margaretha gebräuchlich. 1798 vollendete Johann Wilhelm Grüneberg seine Orgel.

In der Zeit der französischen Besatzung war die Kirche 1806 Pferdestall und ab 1811 Warenlager. Am 9. Dezember 1812 bekam die katholische Kirche die Katharinenkirche zugesprochen, die zweckfremde Nutzung dauerte jedoch an: Im September 1813 begann die Nutzung als Rinderstall, worauf im Januar 1814 eine Viehseuche in der Kirche ausbrach.

Nach Abzug der französischen Truppen erhielt die evangelische Katharinengemeinde am 15. Mai 1816 auf Befehl Friedrich Wilhelm III. ihre Kirche zurück. 2 276 Taler wurden zur Beseitigung der schlimmsten Schäden aufgewandt, wobei das Geld zum Teil vom preußischen Staat stammte. Am 15. April 1817 erfolgte die Übergabe und am 20. April die neuerliche evangelische Weihe der Kirche.

In den 1870er Jahren gab es umfangreiche Instandsetzungs-Arbeiten. 1876 wurden große Teile der Inneneinrichtung und der Fußboden erneuert. Der Einbau einer Gasleitung ermöglichte Beleuchtung und damit Gottesdienste auch in den Abendstunden. 1880 schuf Orgelbauer Reubke sein Instrument, 1890 wurde die Heizungsanlage fertiggestellt.

Während des Ersten Weltkrieges musste die Kirche drei ihrer Bronzeglocken für Rüstungszwecke abgeben. Es blieb nur die große Glocke von 1613. 1925 folgte die Umstellung auf elektrische Beleuchtung, 1927 wurden zwei neue Glocken geweiht.

Zweiter Weltkrieg und danach
Beim Bombenangriff während des Zweiten Weltkrieges am 28. September 1944 brannte die Katharinenkirche aus. In die Ruine der Kirche retteten sich beim schwersten Luftangriff auf Magdeburg am 16. Januar 1945 viele Menschen und entkamen so der Feuerbrunst in der Innenstadt.

Wie wohl jede andere Kirchgemeinde mit demselben Schicksal wünschten sich die Christen dort das Wiedererstehen ihrer Kirche. Von 1961 bis 1963 organisierte die „Aktion Sühnezeichen“ Aufräum- und Erhaltungs-Arbeiten.

Doch es blieb ein frommer Wunsch: Magdeburgs DDR-Stadtplaner hatten vor, den nördlichen Abschnitt des Breiten Wegs zum sozialistisch geprägten Stadtzentrum zu gestalten – da störten die Kirchen in diesem Bereich. Zunächst war zwar die Einbeziehung der Katharinenkirche in das neue Stadtbild geplant, doch am 5. Februar 1964 wurde der Abriss des Kirchenschiffes beschlossen.

Nach hitzig geführten Debatten wurde entschieden, dass zumindest die Türme stehen bleiben könnten. Es war – wie sich später zeigte – ein „Spiel auf Zeit“ seitens der Abrissbefürworter.

Die Katharinenkirche diente zahlreichen Generationen von Magdeburgern regelmäßig zur Andacht sowie zu Ostern, Pfingsten und Weihnachten als Ort festlicher Begegnung. Sie war vertraute, heimatliche Feierstätte für Taufe und Konfirmation, für Trauung, Silberne und Goldene Hochzeit und für den Heimgang Hunderter Bürger. Sie war Platz der Gemeinsamkeit für Andacht und Hoffnung, für Zuversicht und Freude, für Trauer und Leid.

Die Sprengung des Kirchenschiffes erfolgte am 24. März 1964. Im Juli 1965 wurde auch der Abriss der Türme angeordnet, sie wurden 1966 gesprengt. Nach 736 Jahren endete damit die Geschichte der Katharinenkirche.

Am früheren Standort der Kirche wurde in der DDR-Zeit das „Haus der Lehrer“ errichtet – es trägt nach Umbaumaßnahmen nun den Namen „Katharinenturm“.

Heute erinnert am einstigen Standort des traditionsreichen Gotteshauses ein Bronzemodell an die St.-Katharinen-Kirche.

Koordinaten: 52° 8′ 5″ N, 11° 38′ 19,9″ O

https://de.wikipedia.org/wiki/St._Katharinen_(Magdeburg)
(dort auch Verzeichnis der Autoren; Textnutzung entsprechend Creative Commons CC BY-SA 4.0)

Autor:

Holger Zürch

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