Glaube kennt keine Liga
Ökumenischer Fußballgottesdienst in Magdeburg
Von Thorsten Keßler
Die Fan-Gemeinde pilgert in die Fußball-Tempel und feuert ihre Fußball-Götter an, die auf dem heiligen Rasen dem Ball hinterherjagen. Und hat nicht jeder Fußball-Fan beim entscheidenden Elfmeter in der 90. Minute für die eigene Mannschaft schon einmal ein Stoßgebet in den Himmel geschickt? Ein stilles oder lautes: »Mach den Ball rein!«
Die sprachlichen Gemeinsamkeiten zwischen Kirche und Fußball sind offensichtlich, aber es gibt noch viel mehr: In der Magdeburger MDCC-Arena erklingt neuerdings das Original-Geläut des Magdeburger Doms, das Vorlesen der Mannschaftsaufstellung gleicht einem Wechselgesang und der Vorsänger – der Capo – auf dem Podest vor dem Fanblock sorgt mit Auswahl und Anstimmen von Liedern und Gesängen nach mehr oder weniger festgelegten Ritualen für Stimmung im Stadion.
Vikarin Malu Dieter aus dem Magdeburger Kirchspiel Altstadt-Martin findet die Parallelen logisch und erkennbar: »Es ist die Gemeinschaft beim Fußball wie auch in der Kirche. Wir versammeln uns für etwas, an dem unser Herz hängt, und gerade in Magdeburg ist die emotionale Rolle des Fußballs in der Stadt offensichtlich.«
Ein fünfköpfiges Team um Vikarin Malu Dieter hat jetzt einen ökumenischen Fußballgottesdienst vorbereitet. Der erste Fußballgottesdienst in der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (EKM) steht unter dem Motto »Unser Glaube kennt keine Liga« und wird gefeiert am 22. April beim VfB Ottersleben (Beginn 13.30 Uhr, Schwarzer Weg 32, Magdeburg).
Dessen Präsident Wigbert Schwenke ist katholisch. Er findet, der niederschwellige Zugang sei eine Chance, um Menschen über Fußball an das Thema Glauben heranzuführen. Natürlich sei Fußball keine Religion, aber »wenn es darum geht füreinander zu kämpfen, füreinander einzustehen, fair miteinander umzugehen, da sind ein Menge Parallelen zu erkennen«. Vor dem Fußballgottesdienst kicken ab 10 Uhr die sechs- bis siebenjährigen Mädchen und Jungen beim Fairplay-Cup. Beim anschließenden Gottesdienst mit dabei sind Fans und Vertreter des 1. FC Magdeburg, wie Präsident Peter Fechner und Mannschaftskapitän Marius Sowislo und der Fußball-Blogger Alexander Schnarr sowie die aktiven Fans Sven Jagno und Dieter Ludwig.
Christen und Nichtchristen erzählen über ihren Umgang mit Ritualen im Stadion und abseits des Platzes. Vikarin Dieter betont aber auch: »Wir feiern keinen FCM-Gottesdienst.« Für den Erfolg und besonders für das Ziel des 1. FC Magdeburg und aller seiner Fußballfans, in die 2. Bundesliga aufzusteigen, braucht es neben dem himmlischen Beistand eine Portion Glück.
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.