Hilfe aller Art: Bahnhofsmission wird 25
Die Magdeburger Bahnhofsmission wurde 1992 gegründet. Ab dem 5. April, wenn mit einem ökumenischen Gottesdienst auf dem Bahnhofsvorplatz das Jubiläum begangen wird, ist das neue Domizil am Bahnsteig 5 empfangsbereit. Mit der stellvertretenden Leiterin, Gabriele Bolzek, sprach Renate Wähnelt.
Was ändert sich mit den neuen Räumen?
Bolzek: Sie sind bequemer, da vom Bahnsteig aus ebenerdig zu erreichen. Wir haben direkten Blickkontakt zu den Gästen, aber etwas weniger Fläche.
Wer sind Ihre Gäste?
Bolzek: Hilfesuchende im weitesten Sinn. Im vorigen Jahr hatten wir mit mehr als 18 000 Menschen Kontakt. Gut ein Drittel waren Reisende. Viele der anderen kommen zu uns, weil sie sonst niemanden haben. Sie sind obdachlos, krank, ihr Leben ist aus den Fugen geraten. Seit fast sieben Jahren bin ich hier und habe erlebt, dass unsere Besucher vor allem ernst genommen werden wollen. Sie werden hier auch ernst genommen. Wir bieten ihnen die Möglichkeit, selbst Verantwortung für ihr Leben zu übernehmen.
Können Sie und die anderen Mitarbeiter ihnen dabei helfen?
Bolzek: Obdachlose können uns als Postadresse angeben und müssen dann zum Postabholen kommen. Strukturen geben Halt. Wir sind gut vernetzt und können Hilfe vermitteln. Wer bei uns einen Imbiss, Tee oder Kaffee bekommt, gibt uns dafür einige Cent als Spende. Und natürlich sind wir einfach da, helfen mit guten Worten, setzen Ziele, aber auch Grenzen.
Wie haben sich die Besucher im Laufe der Jahre verändert?
Bolzek: Unter den Bedürftigen hat die Zahl der seelisch Kranken zugenommen. Es erfüllt mich mit Sorge, dass sich so viele über das Materielle ihr Selbstwertgefühl holen, irgendwann überfordert sind, sich nicht mehr gebraucht fühlen. Viele sind suchtkrank. Schlimm finde ich, dass es junge Leute gibt, die keine Träume mehr haben, weil sie erwarten, dass sowieso nichts etwas wird.
Gibt es für Sie denn Erfolge?
Bolzek: Der schönste Erfolg ist, wenn jemand nicht mehr kommen muss. Ich freue mich auch, wenn jemand lächelnd geht. Oder danke sagt, auch wenn dahinter Verzweiflung spürbar ist.
Die Bahnhofsmission, getragen von evangelischer Stadtmission und katholischer Caritas, war in den 25 Jahren selbst oft genug bedürftig.
Bolzek: Die Stadt finanziert einen Teil der Personalkosten. Und es haben sich immer neue Türen aufgetan. Wir freuen uns über Spenden: Lebensmittel und Geld finden immer Verwendung. Es gibt bereits Spender, die regelmäßig Kaffee bringen oder auch die Stolle, die von Weihnachten übrig ist oder die Marmelade. Für die bedürftigen Besucher und Reisende mit »Notfällen« wie geplatzter Hose oder verschmutzter Kleidung benötigen wir der Jahreszeit entsprechende Bekleidung, vor allem für Herren, Unterwäsche, Strümpfe, Rucksäcke, Schlafsäcke, Decken, Isomatten, kleine Zelte. Besonders sind uns ehrenamtliche Mitarbeiter willkommen, die unsere Arbeit hier vor Ort unterstützen wollen, egal für wie wenige Stunden. Wer nur auf dem Bahnsteig sein möchte, vielleicht auch nur für zwei Stunden pro Woche, ist ebenso gern als Helfer gesehen wie Menschen mit größerem Zeitbudget.
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