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Berichtet
Von Sterben und Trauern in Einsamkeit

Wichtige Rituale in der Trauer sind durch Corona nur eingeschränkt möglich. Trauerfeiern sind seit Monaten nur im engsten Freundes- und Familienkreis zulässig, das Kaffeetrinken oder Beisammensein danach ist unmöglich. „Dabei sind diese Dinge so wichtig, so sinnstiftend“, sagt Trauerbegleiterin Kirsti Gräf aus den Pfeifferschen Stiftungen. Selbst die herzliche Umarmung zwischen Hinterbliebenen ist mit einem Fragezeichen versetzt: Darf man das jetzt überhaupt? Menschen, die in einer Krise ihres Lebens die Nähe anderer bräuchten, entfremden sich, manche vereinsamen sogar.
„Besonders schlimm ist die Pandemie für Menschen, die in diesen Zeiten einsam sterben müssen, für ihre Angehörigen und alle, die ihnen hätten nahe sein wollen. Oft blieben das Telefon oder der Video-Chat, wo eigentlich einer hätte dem anderen die Hand halten und Beistand leisten wollen. Inzwischen wurden unter Pandemie-Bedingungen Wege gefunden für konkreten Beistand, Seelsorge am Bett und Trauerbegleitung, aber der Schmerz bleibt“, sagt Edda Weise, Vorsteherin Pfeiffersche Stiftungen.
Im Trauerinstitut der Stiftungen häufen sich nach einem Jahr der Pandemie die Notrufe von Menschen, die in ihrer Trauer nicht mehr ein und aus wissen, Familien, die den Tod eines Angehörigen verkraften müssen und die sich um ihre Kinder sorgen, da selbst die Schule als stabilisierendes System oder Freunde und der Sport als trauerfreie Zeiträume wegfallen oder nur sporadisch stattfinden.
In Einzelgesprächen versucht Kirsti Gräf als erfahrene Trauerbegleiterin und Traumapädagogin, jeden Einzelnen aufzufangen. Trauernde in Quarantäne begleitet sie telefonisch durch diese Zeit. Wie sie hoffen viele, dass bald wieder die zahlreichen Gruppenangebote stattfinden können, denn auch der Austausch mit „Gleichgesinnten“ fehlt. Und trotzdem erlebt sie auch, wie manche über sich hinauswachsen und selbst aktiv werden, indem sie sich untereinander zu Spaziergängen verabreden oder ein Trauercafé zu zweit buchen.
Das Trauerinstitut nutzt die Zeit auch, um neue Ideen auf den Weg zu bringen, wie zum Beispiel einen Nähworkshop für Trauernde und ein Trauerseminar. Eine Schreibwerkstatt soll genauso fortgesetzt werden wie die Kinder- und Jugendtrauergruppe. Gerade die jungen Menschen unserer Gesellschaft haben einen enormen Bedarf, nicht nur, wenn sie unmittelbar vom Sterben in der eigenen Familie oder im Freundeskreis betroffen sind. Die tägliche Konfrontation mit dem Sterben durch Corona macht etwas mit ihnen. Sie sehen täglich die Bilder im Fernsehen von Intensivstationen, übereinandergestapelten Särgen, erleben die Verunsicherung ihrer Eltern durch die Pandemie. Es gibt kaum Orte, an denen sie über diese Eindrücke und ihre Gedanken zum Sterben und zur Trauer sprechen können.
Gerade auch hier sehen die Pfeifferschen Stiftungen einen enormen Bedarf. Durch Schulkonzepte wie „Letzte-Hilfe Kids“ und „Endlich“ kann hier die Möglichkeit geschaffen werden, die jungen Menschen zu Wort kommen zu lassen, ähnlich wie bei der Ersten Hilfe Basiswissen vermittelt zu bekommen, in kreativen Übungen sich selbst zu stärken und eine Sprachfähigkeit zu erlernen.
„Denn hier sind wir uns mit dem Bundespräsidenten, Herrn Steinmeier, sehr einig: Wir werden langfristig als Gesellschaft zusätzliche Probleme bekommen, wenn wir die kollektive Trauer verdrängen. Wir müssen einen Weg finden, um mit dieser Trauer und dem Schmerz umzugehen“, fasst Kirsti Gräf zusammen.
Nancy Thiede

Autor:

Online-Redaktion

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