Bibelgenuss im Garten
Kirchenkreis Merseburg: Aus dem vernachlässigten Pfarrgarten wurde eine grüne Oase
Von Petra Wozny
Andrea Landmann hat einen schweren Beruf: Sie ist Metallschleiferin. »Ausgleich zu meiner Arbeit und Ruhe finde ich hier«, sagt die 48-Jährige und lässt den Blick über das satte Grün eines Gartens schweifen, den Bibelgarten in ihrem Heimatdorf.
In der Kirche des kleinen Dorfes Nessa (Kirchenkreis Merseburg) nahe der Stadt Teuchern ist sie getauft worden. Hier ist sie groß geworden, hat geheiratet und Kinder bekommen. Der evangelischen Kirche ist die sympathische Frau immer treu geblieben. Etwa 100 Gemeindeglieder gibt es hier, zwischen 20 bis 30 kommen zum Gottesdienst, rechnet Landmann. Keine Frage also, dass sie sich als Mitglied im Gemeindekirchenrat mit dem Bibelgarten im Dorf – dem einzigen im Burgenlandkreis – verbunden fühlt. Vor zehn Jahren wurde die Idee geboren, den vernachlässigten Pfarrgarten zu einer grünen Oase zu machen. Andrea Landmann und Anneliese Böhme gehörten zu den Ersten, die die Ärmel hochkrempelten. Auch die 64-jährige Anneliese Böhme stammt aus Nessa. »Haben Sie schon einmal die Bibel gelesen und sich gemerkt, wie viele Pflanzen darin vorkommen?«, fragt sie mit einem spitzbübischen Lächeln. Es sind Hunderte und Böhme kennt alle. Wie ein roter Faden ziehen sie sich durch die Gestaltung des Gartens. So ist beispielsweise der Kräutergarten entstanden mit weit mehr als 60 Pflanzen von etwa 100 in der Bibel genannten. Es wachsen außerdem Früchte des Gelobten Landes, Dornen- und Faserpflanzen.
Vor einem Jahrzehnt packten Männer und Frauen an und schufen in harter Arbeit einen Weidendom. Die Bäume mit den weichen Zweigen sind halbrund angepflanzt und gebogen, sodass eine Kuppel entstand, unter der man in Stille sitzen kann, musiziert oder auch den Open-Air-Gottesdienst feiert. »Die Weidenruten müssen immer geschnitten und neu in Form gebracht werden«, betont Anneliese Böhme.
Wandert man weiter durch das Grün, kommt man vorbei an einer kleinen Mauer, umpflanzt mit Maulbeerbäumen, der Pforte. Vis-à-vis steht die Bibelgartenküche, inspiriert von den offenen israelischen Küchen. Hier duftet es verführerisch, wenn einmal jährlich das Bibelgartenfest gefeiert wird.
Vor zwei Jahren wurde ein weiterer Flecken Erde verändert: Die Mitglieder der Kirchgemeinde legten ein Labyrinth mit zwölf Metern Umfang an. Fünf Umgänge muss man abschreiten. »Immer hat man den Eindruck, sich von der Mitte – einem Gingkobaum – zu entfernen. Doch auch über Umwege kommt man ans Ziel«, versichert Anneliese Böhme glaubhaft. Im zehnten Jahr des Bestehens können sich die Gäste – den Bibelgarten besuchen auch Kirchenmitglieder aus anderen Bundesländern – auf die Apfelbaumwiese freuen. Ein Pomologe hat die alten Sorten bestimmt. Holztäfelchen hängen nun in den Kronen. Im kommenden Jahr soll ein Kinderprojekt in die Gestaltung des Bibelgartens einfließen.
Der Garten ist lebendige Kirchenarbeit, versichern Andrea Landmann und Anneliese Böhme stellvertretend für alle Ehrenamtlichen. Das Kleinod mitten im Dorf spricht die Menschen an, das Schöne zu sehen, den Blick auf Gottes Gaben zu richten und so für sich Mut zu schöpfen. Besser kann man die Bibel gar nicht in der Natur umsetzen und zur Bibellektüre anregen.
Bis zu zehn Veranstaltungen im Jahr finden in diesem besonderen Garten statt. »Hier ist ein Ort der Begegnung, Bildung und Besinnung entstanden«, sagt Pfarrer Frieder Wisch zum Gedeihen der grünen Oase von Nessa. Und fügt hinzu: »Mit einem Garten ist man nie fertig. Auch nicht in Nessa. Die Arbeit mit der Bibel ist hier alltäglich geworden.«
Autor:Online-Redaktion |
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