Schlafen unter Gottes Dach
Kinderkirchennacht: Premiere des Vereins Kinder- und Teeniekirche in Granschütz
Von Petra Wozny
Sascha ist das nicht ganz geheuer. Während seine Schwester Sinja zielstrebig auf die Kirche zuläuft, klemmt sich der Sechsjährige sein Lieblingsplüschtier fest an die Brust. Ohne Gute-Nacht-Kuss von Mama einzuschlafen, kann sich der Junge noch nicht vorstellen. Bei den Großeltern oder Freunden zu übernachten schon. Aber in der Kirche?
Zum ersten Mal startete im Granschützer Gotteshaus – es gehört zum Pfarrbereich Weißenfels Süd-Ost im Kirchenkreis Merseburg – die Kinderkirchennacht. Organisiert hatte sie der Verein Kinder- und Teeniekirche des Dorfes unter Leitung von Gemeindepädagogin Gudrun Wisch. Jedes Jahr nehmen sich die großen und kleinen Mitglieder ein besonderes Projekt vor – diesmal also Schlafen in der Kirche.
Übernachten in einem Gotteshaus, geht das? Superintendentin Christiane Kellner spricht sich für offene Kirchen aus und würde gern selbst in jedem der Gotteshäuser – insgesam sind es im Kirchenkreis mehr als 160 – einmal schlafen. Kinder machen ihr das nun vor. »Ich finde, dass es ein tolles Mittel ist, Kinder fröhlich und empfindsam mit dem evangelischen Glauben vertraut zu machen«, sagt Kellner und fügt hinzu: »In der Kirche wird getauft, geheiratet, gelacht, geweint. Warum nicht auch geschlafen?«
Der kleine Sascha merkt schnell, dass er nicht allein ist. Viele Kinder kommen, stellen ihre Rucksäcke ab und richten sich in der Nähe zum Altar ein. Die Jugendfeuerwehr hatte Pritschen bereitgestellt, die schnell belagert werden. Das Projekt »Komm, ich zeige dir meine Kirche« bahnt sich seinen Weg. »Ich bin schon vier Jahre im Kinderkirchen-Verein. Da treffen wir uns im Gemeinderaum. Zum Gottesdienst sitze ich in der Kirchenbank«, erzählt Samantha Brauer. Die Kirche nun abends zu erleben, sei für sie unglaublich spannend. »Ich freue mich, dass ich das mitmachen darf«, sagt die Zwölfjährige, die den Kindern den Altar erklärt. Auch Max Schinkel ist in der Kinderkirche ein aktives Mitglied. »Wir treffen uns einmal im Monat, reden, malen und essen Kekse«, plaudert er und lacht. Die Mitwirkung im Verein empfindet der Elfjährige als wohltuende Ergänzung zum Religionsunterricht.
So geht es vom Taufbecken zur Orgel, die Kantor Thomas Piontek zum Klingen bringt. Die ganz Mutigen steigen hinauf, vorbei am großen Uhrwerk, in den Glockenturm, wo drei gewaltige Stahlglocken hängen. Seit drei Jahren läuten sie wieder, dank der Sanierung des Glockenstuhls und der Hilfe des rührigen Fördervereins zum Erhalt der Kirche, erklärt Pfarrer Frieder Wisch den Kindern. Jetzt müssen noch das Dach und der Eingangsbereich erneuert werden – große Brocken, schildert Wisch. Das kostet eine Menge Geld. »Deshalb ist es wichtig, die Kirche überall bekannt zu machen.« Kirche hautnah zu erleben, sei gerade für Kinder ganz wichtig, findet er. In so einem Haus einmal zu schlafen, zeuge von großem Vertrauen.
Fröhliches Kinderlachen ist in der Kirche zu hören. Dann aber geht es ins Bett beziehungsweise den Schlafsack. Bevor Gemeindepädagogin Gudrun Wisch den Nachtsegen spricht, erklingt von der Orgel kleine Nachtmusik. Sascha liegt inmitten der müden Kinder und stellt noch einmal die Spieluhr seines »La-Le-Lu«-Mondes an. Dann fallen auch ihm die Augen zu.
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