Der eigene Tintenklecks
Zeitreise: Kinder und Jugendliche der Mühlhäuser Werkstätten auf Luthers Spuren
Von Anke Pfannstiel
Kevin strahlt vor Stolz. In kräftigen Farben leuchtet sein »Tintenklecks« von der Wand des Flurs der Wohnstätte »St. Martin« in Heyerode bei Mühlhausen. Das Kunstwerk befindet sich in guter Gesellschaft. In eine richtige kleine Galerie hat sich die erste Etage des idyllisch im Südeichsfeld gelegenen Hauses in Trägerschaft der Mühlhäuser Werkstätten für Behinderte e.V. verwandelt. Eine in Spachteltechnik entstandene Wartburg ist hier ebenso zu bestaunen wie »Martin Luther« als grafischer Schriftzug.
Immer noch sichtlich bewegt sind Michael Höch, Sigrid Peterseim und Juliane Klotz davon, wie »ihre« Kinder und Jugendlichen mittels der Kunst ihre Gedanken zum Thema Reformation zum Ausdruck gebracht haben. Zwei Tage lang waren sie im Mühlhäuser Kunsthaus zu Gast und wurden von Kunstmaler Mario Götting in die Geheimnisse der Malerei und anderer Kunsttechniken eingeweiht.
So war der Malkurs für Kevin dann auch der vorläufige Höhepunkt des Projekts »Auf den Spuren der Reformation«. Etwa zwölf Kinder und Jugendliche mit geistigen oder seelischen Beeinträchtigungen, die in der Wohnstätte ihr Zuhause haben, nehmen daran seit dem vergangenen Sommer teil.
500 Jahre Reformation – dieses Stück Zeitgeschichte nicht nur mitzuerleben, sondern den Kindern und Jugendlichen die aktive Teilhabe daran zu ermöglichen, das war der Gedanke von Michael Höch, als er die Projektidee entwickelte. Als ordiniertem Prädikanten war es dem Fachbereichsleiter der Mühlhäuser Werkstätten zudem ein Anliegen, den Kindern und Jugendlichen die Verbundenheit zwischen katholischer und evangelischer Kirche nahezubringen. Im Alltag der diakonischen Einrichtung spielt der evangelische Glaube eine große Rolle. Dazu gehört auch die Einbindung in die Gemeinde vor Ort – der in diesem Fall katholisch geprägt ist.
»Die Auseinandersetzung mit Martin Luther und der Reformation ermöglicht es, dass wir den Kindern und Jugendlichen erklären können, warum es eine evangelische und eine katholische Kirche gibt und wie wir trotz der Unterschiede das Verbindende gemeinsam leben können«, sagt Michael Höch.
Der Ansatz des Projektes, nicht nur Fahrten zu Lutherstätten aneinanderzureihen, sondern vielfältigste, alle Sinne ansprechende Aktivitäten zu verbinden, hat sich dabei offenkundig bewährt. So wurden Ausflüge unter anderem nach Eisenach, Wittenberg, Eisleben und demnächst nach Mainz erweitert und ergänzt beispielsweise durch einen reich bebilderten Zeitstrahl über Luthers Lebensweg, Abenteuerspiele oder auch mal einen Filmabend mit Lutherkeksen. »Es hat uns selbst überrascht, wie viel die Kinder und Jugendlichen im Laufe der Monate über Luther und die Reformation gelernt und das auch verinnerlicht haben«, schildert Teamleiterin Sigrid Peterseim. Anke Pfannstiel
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