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Alleingelassen: Wenn die Hirten in den Gemeinden fehlen

Wer führt die Herde zum Wasser? Christenlehrekinder in der Crispendorfer Kirche. | Foto: Katrin Manger
  • Wer führt die Herde zum Wasser? Christenlehrekinder in der Crispendorfer Kirche.
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Hilferuf: Kirchengemeinden vermissen Seelsorger und haben Angst vor strukturellen Veränderungen


Hoffnung, die sich verzögert, ängstet das Herz; wenn aber kommt, was man begehrt, das ist ein Baum des Lebens.
Sprüche 13, Vers 12

Wo sind wir hingekommen, dass wir um den Erhalt unserer Pfarrstellen bangen müssen? Die nächste Strukturreform soll 2019 umgesetzt werden – bleiben wir da auf der Strecke? Eine Gemeinde ohne Hirte ist eigentlich nicht tragbar, und wir, Ehrenamtliche, können diese Lücke nicht schließen. So sehen wir unserem Untergang ängstlich entgegen.
Über 1 500 Kirchgemeindemitglieder braucht es, um ein Pfarrstelle zu bekommen? Das gleicht ja schon einem Großunternehmen in Deutschland. Gut geführte Mittelständische Unternehmen haben maximal 500 Mitarbeiter, in Österreich 250 Mitarbeiter. Der Geschäftsführer hat einen Stab von verantwortlichen Leitern um sich herum! Die Institution Kirche schafft gerade kleine Kirchgemeindeverbände ab, die teilweise sechs und mehr Dörfer unter einem Dach vereinen mit einem Pfarrer. So bei uns, ein Pfarrer (Stelle vakant) auf rund 1 200 Kirchgemeindeglieder – ein Großunternehmen?
Wir haben nicht die Kraft, uns gegen diese Stellenabwicklung zu wehren. Aber wir haben das höchste Gut in den Händen: Das Wort Gottes. Dies ist unser Lebensbaum, um den wir uns jeden Tag in kleiner Familie, kleinem Kreis setzen können. Der Glauben an Gott ist nicht an eine Institution »evangelische Kirche« gebunden. Und über www.evangelisch.com können wir uns im Ernstfall auch einen Pfarrer mieten »Rent a Pastor« – warum nicht?
Uta Mittelbach, Ziegenrück

Ich will nach meinen Schafen fragen und mich ihrer annehmen.
Hesekiel 34, Vers 11

Als kleine Gemeinde bzw. kleines Kirchspiel sehen wir unsere Situation als sehr angespannt. Einen Pfarrer haben wir seit fast zwei Jahren keinen mehr. Die Ehrenamtlichen sind am Anschlag. Das Gefühl, keinerlei Unterstützung zu erhalten, begleitet uns dabei täglich. Sind die Wünsche der Gemeindeglieder tatsächlich übertrieben? Sind die Ansprüche zu hoch?
Ja, wir wünschen uns einen Hirten für unsere Gemeinde, einen der seinen Hirtendienst als Aufgabe und gleichzeitig als Gabe versteht. Auf Latein heißt Hirte Pastor. Dieses Leitbild findet im christlichen Beruf Anwendung und so ist unser Wunsch: Ein Pfarrer, der dieses Berufsbild lebt. Ein Hirte zeichnet sich durch die Nähe zu seinen Tieren aus. Er bleibt auch in schwierigen Situationen bei seiner Herde, beschützt sie und ist mit jedem Einzelnen in Kontakt. Er kennt ihre Bedürfnisse, Stärken und Schwächen und sorgt sich um jedes einzelne.
Unsere Gemeinde und ihre Glieder sind alleingelassen! Eine Gemeinde ohne Seelsorge verarmt, kann sogar zerfallen. Für uns ist das inzwischen gelebte Realität. Erkrankt ein Gemeindeglied oder verstirbt ein Angehöriger, gibt es den Seelsorger nicht. Dann telefoniert man sich durch, selten mit einem schnellen tröstenden Erfolg. Gottesdienste, wenn überhaupt, dann nur noch einmal im Monat. Die Menschen, welche mehr wollen, können ja schließlich in eine andere Gemeinde gehen. Was im ländlichen Raum allein logistisch eine Herausforderung darstellt.
Unsere Gemeindeglieder ziehen inzwischen den Gottesdienst im ZDF oder Radio dem in unserer Kirche vor. Die Kirchenbänke bleiben leer, das Interesse an Glaube und Gemeinschaft schwindet! Christenlehre nur, wenn es ein Ehrenamtlicher macht. Sätze wie: »Das ist ja doch wieder ein fremder Pfarrer, der mich nicht kennt« oder: »Gemeindenachmittage – was soll ich dort?«, lassen die Arbeit des Gemeindekirchenrates immer schwieriger werden. Gelebte Gemeinde? Wer sich nicht dazugehörig fühlt, »verlässt« irgendwann ganz still die Gemeinde!
Ein guter Hirte zeichnet sich eben auch dadurch aus, dass er seiner Herde vorangeht. Dass er sich interessiert und mit der Gemeinde gemeinsam mittel- und langfristige Ziele im Auge hat. Eine vorausschauende Führung, mit Blick auf Stärken und Defizite der Gemeinde, lassen einen Pfarrer mitten in seiner Herde sein. Der Gemeinde gibt es das Gefühl, nicht allein zu sein und Aufgaben ehrenamtlich bewältigen zu können. Einen guten Hirten erkennt man daran, dass ihm die Schafe folgen, denn sie wissen, dass es ihnen bei ihm gut geht.
Ein Traum? Wir träumen ihn weiter! Den Traum von einem Hirten in unserer Herde, der nicht nur zum Dienst berufen ist, sondern sich dafür auch berufen fühlt!
Katrin Manger, Kirchenälteste aus Crispendorf (Kirchenkreis Schleiz)

Autor:

Online-Redaktion

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