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zur Philosophie
der Krippenspiele ...

Heute in einer Woche - Heilige Nacht. Vielleicht werden Sie in einer knatterkalten Kirche das Krippenspiel betrachten? Und Ihnen wird warm ums Herz ... Manche erinnern sich daran, dass sie selber Maria spielen durften oder den König Herodes. Ganz früher. Krippenspiele führen die Dinge über die Realität hinaus in die wirkliche Wirklichkeit. Wirklichkeit ist das, was wirkt. Darauf kommt es an.

Das eigentliche Krippenspiel findet nämlich im Geiste statt - aber es realisiert sich dort oft erst, wenn man längst zu Hause angekommen ist. Christian Morgensterns bekanntes Korf-Gedicht sagt es folgendermaßen: 

„Korf erfindet eine Art von Witzen / die erst viele Stunden später wirken. / Jeder hört sie an mit Langerweile. / Doch als hätt ein Zunder still geglommen, / wird man nachts im Bette plötzlich munter, / selig lächelnd wie ein satter Säugling.”

Im Krippenspiel findet tatsächlich Geheimnisvolles statt: Die Verschmelzung des Betrachters mit der Utopie des Dargestellten findet statt. Fern aller bisher bekannten Realität wird aufmerksamen Betrachtern eine Art "Neues ICH" geschenkt. Deshalb ist die allseits bekannte „Realitätsferne“ des Krippenspiels sein Qualitätszeichen. Wenn am Weihnachtstag die Sonne am tiefsten Punkt des Jahres untergegangen ist, versucht die Kirche, Höchstes zu denken zu geben. Das ist unter anderem:

Die Gegenwart guter Engel, welche mit uns Lieder singen. Lieder sind als Anrufung des Guten die Vergegenwärtigung des Schönen im Wahrhaftigen. Krippenspiele stellen für unsere Gedanken so etwas wie eine raffinierte Falle auf: Die rastlosen Gedanken tappen in die Lebendfallen der kindlichen Krippenspiele. Nur Kinder können uns dort hinein locken. Viele ihrer Spiele funktionieren deshalb mit Reimen. Der Reim ist das Heim des Wortes. Ein paar Reime, liebe Gemeine?

Engel:
Ich bin der gute Engel des Herrn. / Wo ich erscheine, da sieht man mich gern. / Ich komme, die frohe Botschaft zu künden, / Geburt, Auferstehung, Erlass eurer Sünden. / Ward neulich grad zur Maria gesandt / und malte das Gute ihr dort an die Wand.

der Herrgottsfeind:
Auch ich war früher im Himmel ein Engel. / Heut bin ich das Gegenteil: Herr eurer Mängel! / Mein Plan ist die Störung. Das Böse zu stärken, / kam ich auch heute - könnt ihr es merken?

Maria:
Maria heiß ich, mir wurde gesungen / ich würde zur Mutter eines ganz jungen / und göttlichen Knaben - und dieses schon bald. / An Jahren zählt man erst sechzehn mich alt.

Joseph:
Joseph bin ich, bei Siebzig fast dran. / Berufsbezeichnung - ein Zimmermann. / Das Mädchen dort wird zur Braut mir bald werden. / Es gibt keine schönere Frau hier auf Erden.

die Hirten:
Einfache Leute sind wir. Das Vieh / ward uns zur Obhut gegeben allhie. / Schafe, Ziegen und auch dieser Hund, / damit uns die Herde bleibe gesund. / Er hilft uns, den argen Wolf zu vertreiben. / So war es schon immer - und so soll es bleiben.

Könige:
Drei Könige sind wir. Und können euch seh’n: / Auf Türmen wir in Babylon steh’n. / Verfolgen der Milchstraße ewigen Lauf / und schauen zu Stern und Planeten hinauf. / Wir deuten die Zeit und schreiben Geschichte / und legten sie dar euch in diesem Berichte.

Machen Sie sich selber einen passenden Vers auf die eigene Rolle. Bringen Sie sich ein in das große Spiel, in dessen Mitte eine geistliche Futterkrippe steht. Jeder Mensch könnte dabei sein - mindestens als ein besonderer Stern in der Ordnung des großen Geschehens …

Übrigens! Auch auf anderen Planeten haben sie wahrscheinlich dieses Fest. Es ist nicht ganz sicher - aber …

Autor:

Matthias Schollmeyer

Webseite von Matthias Schollmeyer
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