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MArtin Mosebachs Roman "KRASS"
Buchempfehlung

Martin Mosebach: KRASS.

Irgendwann hat man sie dann doch alle gelesen: Die Buddenbrocks mit Toni und Hanno, den Zauberberg mit Hans Castorp und Madam Chauchat, Doctor Faustus mit Adrian Leverkühn und Wendell Kretzschmar. Schließlich auch Joseph und seine Brüder mit Joseph und seinen Brüdern.
Wer nun von Thomas Mann nicht genug kriegen konnte - der probiere es mit Martin Mosebach. Ich möchte den bisher letzten Roman dieses Autors allen jenen empfehlen, welche Lust auf 520 Seiten gute und spannende Lektüre haben. Das Buch, das ich meine, heißt KRASS und ist auch krass.
Der Geschäftsmann Ralph Krass, sein Diener Dr. Jüngel und eine Anzahl illustrer Gestalten (viele davon sind mehr oder weniger exzentrische Frauen) nehmen uns mit auf die Reise nach Neapel und schließlich bis nach Kairo. Freilich - am Ende muss in Thomas Mannscher Manier auch bei Mosebach wieder gestorben sein. Aber nur Ralph Krass stirbt - die anderen bleiben mehr oder weniger glücklich zurück und schlagen neue Wege ein. Bestechend ist die Beschreibung der Dinge in diesem Roman. Villen, Gärten, Tiere und Perlenhalsbänder. Frauenkleider, Gastmähler und der Staub der Millionenmetropolen. Schließlich auch das unerbittliche Schicksal mit Fast-Ertrinken, der Liebe und ihrer Kehrseite dem banalen Tod. Einfach krass … Man lernt eine Menge über die Abgründe des menschlichen Daseins interessant beschriebener Leute und freut sich dabei, dass man selber weniger interessant zu sein scheint. Den Preis dafür, das von Mosebach Erdachte selber nicht erlebt haben zu müssen - also das, was Krass und Jüngel erleben mussten - zahlt man gern - es sind 15 bzw. 25 Euro Schicksalsersatz auf Papier - je nachdem ob Soft- oder Hardcover. Aber das Buch ist so krass geschrieben, dass man denken mag, man hätte das alles hautnah selber auch durchmachen können. Wie dem auch sei - zum Schluss geht man nachdenklich aus der Stadt der Toten in Kairo in das eigene Leben zurück. Mit dem deutlichen Vorsatz, sich mehr zu Herzen zu nehmen, als man vorher dachte, dass das nötig sein könnte …

Mosebach kennt sich aus. KRASS ist laut eigener Angabe sein zwölfter Roman - 2021 erschienen. Weiterlesen könnte man mit der Dokumentation DIE 21 (2018) und dem fast Sachbuch-verdächtigen HÄRESIE DER FORMLOSIGKEIT (2002). Bei den Woken ist Mosebach natürlich umstritten. Umstrittenheit ist aber inzwischen längst ein positiv zu vermerkendes Qualitätsurteil.

Unvergesslich auch, wie Martin Mosebach einmal solchen Koryphäen wie Sloterdijk, Safransky und Bazon Brock konservativ und stolz zu trotzen wusste. Solches geschah während des Philosophischen Quartetts "Vom Nutzen und Nachteil der Religion". Er verteidigte die Abrahamsgeschichte vom Berge Moria und die Größe Gottes, die deshalb nicht kleiner wird, weil die Religion auch manches sehr Hässliche in sich bergen muss.

Autor:

Matthias Schollmeyer

Webseite von Matthias Schollmeyer
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