die zehn Worte
in den zwei Tafeln
Ob Mose schon vom Sinn der Reise wusste
zum Sinai, an jenem Donnerstag,
als er ins Hochgebirge steigen musste
und dessen Gipfel noch im Dunste lag?
Nur oben an des Berges fernster Spitze
von Zeit zu Zeit - fast, dass man sich erschrak -
gab Feuer Zeichen ihm mit hellem Blitze.
Es hieß, wenn das geschähe, zürn’ der HERR.
Doch Mose hielt nicht viel von diesem Witze -
er sah den Berg, das Feuer - und nicht mehr.
Er ahnte aber, dass die kleinste Ritze
im Stein der Felsen etwas Großes wär,
und einem Thronsaal glich mit goldnem Sitze,
für ewig Lenkendes durch Sein und Tod.
Und immer blieb, trotz Kälte und trotz Hitze,
in Luft und Wasser, Erde, Zahl und Brot.
Und so beschloss er aufzusteigen,
weil eine leise Stimme ihm gebot,
inmitten grauer Felsen sich zu neigen
in Demut vor der Gottheit großem Zeigen.
Sehr lang blieb Mose oben bei dem Alten ...
In dieser Welt aus Geist und schroffem Stein
grub Gottes Finger Schrift in sanften Falten,
zehn gute Worte in zwei Tafeln ein:
„Ich machte los dich von dem Band der Knechte,
such’ also keine Gottheit nebendrein.
Mach auch kein Bild von mir, ich bleib der Echte.
Halt meinen Namen rein, der heilig ist.
Und gib am siebten Tag ihm seine Rechte!
Wie auch den Eltern. Und zu keiner Frist
vergieße sinnlos Blut von andern Leben -
gedenke stets, dass du das selber bist!
Zerbrich die Liebe nicht, die ich gegeben -
stiehl Eigentum des Nächsten niemals fort.
Und nimmer wolle Trug statt Wahrheit weben
dem Nächsten - Übelruf bis hin zum Mord.
Beneide nicht, was andern ist zu eigen -
nicht Weib, Knecht, Magd, Vieh oder Ort.
Sein Zehnwort Mose trug in großem Schweigen
vom Berg hinab, sie aller Welt zu zeigen.
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